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Unpünkliche Mietzahlungen – unwirksame Mietvertragskündigung durch Vermieter

LG Berlin, Az.: 63 S 134/13

Urteil vom 08.11.2013

Die Berufung der Klägerin gegen das am 8. März 2013 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg – 19 C 161/12 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Beklagte zu 1 ist Mieter, die Beklagte zu 2 Untermieterin der streitgegenständlichen Wohnung.

Zwischenzeitlich ist die … Grundbesitz GmbH als Eigentümerin nach der Klägerin im Grundbuch eingetragen.

Unpünkliche Mietzahlungen – unwirksame Mietvertragskündigung durch Vermieter
Foto: FreedomTumZ/Bigstock

Nachdem es in mehreren Monaten des Jahres 2011 zu unpünktlichen Mietzahlungen gekommen war, teilte die Hausverwaltung mit Schreiben vom 27.09.2011 u.a. mit:

„…Wir mahnen Sie wegen ständiger unpünktlicher Zahlung Ihrer Miete ab. Einen Kontoauszug vom heutigen Tage erhalten Sie als Anlage. Sollten Sie künftig Ihre Miete nicht vertragsgemäß entrichten, werden wir das Mietverhältnis kündigen…“.

Nachdem die Miete für März 2012 am 12.03.2012 gezahlt worden war, erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 20.03.2012 die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung.

Der Beklagte zu 1 wandte sich mit Schreiben vom 25.03. 2012 an die Klägerin und bat um Rücknahme der Kündigung, da er sich „um Klärung des banktechnischen Fehlers bemühe…“. Dem Schreiben war u.a. die Bestätigung eines ausgelösten Nachforschungsauftrags bezüglich des Überweisungsauftrags beigefügt.

Die Klägerin hat in der Klageschrift neuerlich die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung erklärt und Räumung und Herausgabe der Wohnung an die … Grundbesitz GmbH verlangt.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen; sie haben bestritten, dass dem Schreiben vom 27.09.2011 ein Kontoauszug beigefügt gewesen ist und geltend gemacht, der Klägerin sei die Erteilung einer Einzugsermächtigung angeboten worden.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die durch die unstreitigen verspäteten Mietzahlungen vorliegenden Pflichtverletzungen stellten sich hier als Bagatellfall dar, der weder zur fristlosen noch zur fristgemäßen Kündigung berechtige. Nach der Abmahnung sei stets pünktlich gezahlt worden. Dem Schreiben des Beklagten zu 1 vom 25.03.2012 sei zu entnehmen, dass er sich um pünktliche Zahlungen bemühe. Es könne dahin gestellt bleiben, ob ein etwaiges Bankverschulden zurechenbar sei. Denn angesichts des sei 1996 bestehenden Mietverhältnisses, der ausdrücklichen Entschuldigung und der Aufklärungsbemühungen bei der Bank könne hier nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin auf eine pünktliche Zahlungsweise nicht mehr vertrauen könne.

Ferner wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestands gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die gem. §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung führ tin der Sache nicht zum Erfolg; sie ist unbegründet und war daher zurückzuweisen.

Weder die Kündigung vom 20.03.2012 noch die in der Klageschrift erklärte sind als fristlose oder fristgemäße Kündigungen (§§ 543 Abs. 1, 573 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 BGB) wirksam, so dass die Beklagten nicht zur Räumung und Herausgabe der Wohnung an die … Grundbesitz GmbH verpflichtet sind (§ 546 Abs. 1, 2 BGB).

Gemäß § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dabei setzt die Kündigung wegen einer Pflichtverletzung aus dem Mietvertrag gemäß § 543 Abs. 3 BGB eine erfolglose Abmahnung voraus.

Nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum nur ordentlich kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein solches Interesse liegt gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB insbesondere dann vor, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat.

Die ordentliche Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum durch den Vermieter wegen schuldhafter nicht unerheblicher Vertragsverletzung des Mieters (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB) setzt – anders als die fristlose Kündigung i.S.v. § 543 Abs. 1, 3 BGB – eine Abmahnung des Mieters durch den Vermieter nicht voraus. Allerdings kann der Abmahnung für die Kündigung ausnahmsweise insofern Bedeutung zukommen, als erst ihre Missachtung durch den Mieter dessen Vertragsverletzung das für die Kündigung erforderliche Gewicht verleiht (BGH v. 28.11.2007 – VIII ZR 145/07, GE 2008, 114).

Vorliegend kann dahin stehen, ob – angesichts der bestrittenen Beifügung eines Kontoauszugs – das Schreiben vom 27.09.2011 seine Aufgabe als solche für eine fristlose Kündigung überhaupt erfüllen kann, wenn es die Zahlungstermine in einzelnen Monaten nicht konkret benennt. Die Abmahnung soll nämlich dem Mieter Gelegenheit zur Änderung seines Verhaltens geben. Zweck des Abmahnungserfordernisses ist es, dem Mieter vor Vertragsbeendigung noch eine Chance zu vertragsgemäßem Verhalten einzuräumen (BGH v. 11.01.2006 – VIII ZR 364/04, GE 2006, 508). Dafür wäre möglicherweise die Bezeichnung der einzelnen beanstandeten Vertragsverstöße erforderlich, damit der Mieter gegebenenfalls geeignete Maßnahmen zu ihrer zukünftigen Vermeidung ergreifen oder aber sie auch konkret widerlegen kann.

Hier ist es einerseits unstreitig, dass die beanstandeten Verspätungen im Jahre 2011 bei den jeweiligen Zahlungen aufgrund der damals eingetretenen Arbeitslosigkeit des Beklagten zu 1 erfolgt sind; andererseits kann zu Lasten der Beklagten die Wirksamkeit der Abmahnung unterstellt werden, weil die Kündigungen im Ergebnis aufgrund anderer Umstände materiell unbegründet sind.

Es kann ferner dahin stehen, worauf die unstreitig im März 2012 neuerlich eingetreten Verspätung bei der Zahlung der Miete beruht, ob also die am Sonntag, den 04.3.2012 vorgenommene Online-Überweisung, die mithin nach dem 2.Werktag erfolgte, tatsächlich auf einem Verschulden der Bank beruht oder nicht.

Denn jedenfalls muss der Mieter für ein Verschulden seines Erfüllungsgehilfen wie für eigenes Verschulden einstehen. (BGH v. 25.10.2006 – VIII ZR 102/06, NJW 2007, 428 ). Zu den Erfüllungsgehilfen gehört auch die vom Mieter beauftragte Bank (LG Düsseldorf v. 26.02.1991 – 24 S 638/90, WuM 1992, 369), so dass dieser Umstand im Rahmen der fristgemäßen Kündigung, die ein solches Verschulden erfordert, jedenfalls zu Lasten der Beklagten wirken würde.

Allein die unstreitige Tatsache, dass nach dem Abmahnschreiben nur im März 2012 eine neuerliche Verspätung bei der Mietzahlung eintrat, hindert allerdings die Begründetheit nicht.

Denn eine Kündigung ist nicht bereits deshalb unwirksam, weil zwischen der Abmahnung und dem Zugang der Kündigung nur ein Zahlungstermin liegt, zu dem die Miete nicht pünktlich eingegangen ist. Insbesondere nach fortdauernd unpünktlichen Mietzahlungen muss das Verhalten des Mieters nach einer Abmahnung mit Kündigungsandrohung geeignet sein, das Vertrauen des Vermieters in eine pünktliche Zahlungsweise wiederherzustellen.

Allerdings können im Einzelfall Ausnahmen in Betracht kommen, die sich jedoch nicht schematisch bestimmen lassen. Denkbar ist dies etwa in einem Bagatellfall, der von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängt (BGH v. 11.01.2006 – VIII ZR 364/04, GE 2006, 508; LG Berlin v. 11.09.2009 – 63 S 316/08, zit.n. juris für eine leichte Nachlässigkeit beim Ausfüllen des Überweisungsträgers nach der Abmahnung, die im Tagesgeschäft jedem einmal passieren kann).

So ist es hier: Die vorgenommene Online-Banküberweisung vom 04.03.2012 ist aus ungeklärten Gründen, denen jedenfalls ersichtlich keine fehlende Kontodeckung – wie sich aus dem Schreiben der Bank vom 23.03.2012 ergibt – zugrunde lag, nicht ausgeführt worden; der Beklagte zu 1 hat unmittelbar nach Kenntnis von der gescheiterten Überweisung die Miete gezahlt, die am 12.03.2012 bei der Klägerin einging und mit dem Schreiben vom 25.03.2012 die Erteilung einer Einzugsermächtigung angeboten. Auch wenn ein etwaiger Schreibfehler bei der Überweisung vom Beklagten zu 1 zu vertreten wäre, ist diese leichte Nachlässigkeit nicht geeignet, das Vertrauen der Klägerin in eine nach Abmahnung geänderte Zahlungsweise zu erschüttern.

Die Kündigungen sind auch nicht als ordentliche Kündigungen nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB begründet. Aufgrund der obigen Ausführungen liegt lediglich ein geringfügiger Vertragsverstoß vor, sodass von einer hinreichend erheblichen Pflichtverletzung nicht ausgegangen werden kann. Nur unerhebliche Zuwiderhandlungen gegen Vertragspflichten begründen ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Grund i.S. v. § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegt; es handelt sich um einen von den Besonderheiten des Einzelfalls geprägten Sachverhalt, der weder allgemeine Rechtsfragen aufwirft noch zur Einheitlichkeit der Rechtsprechung einer höchstrichterlichen Entscheidung bedarf.

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