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Vermieterhaftung bei Sturz des Mieters auf nicht von Eis und Schnee geräumter Außentreppe

AG Schöneberg, Az.: 3 C 37/11, Urteil vom 07.06.2011

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.02.2011 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den weiteren Schaden zu ersetzen, der eine adäquat kausale Folge des von dem Kläger am 08.12.2010 erlittenen Unfalls im Bereich des Gebäudes G.straße in B. darstellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 1/8 und die Beklagte 7/8 zu tragen.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Zwischen den Parteien besteht ein Mietvertrag über eine im Hause der Beklagten in B., G.straße, belegene Wohnung.

Glatteisunfall Aussentreppe - Haftung
Foto: alexkich/Bigstock

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 10.12.2010 zeigte der Kläger gegenüber der zuständigen Hausverwaltung an, dass er am 08.12.2010 gegen 12.30 Uhr „vor dem Hause schwer gestürzt“ sei, da „der Gehweg weder geräumt, noch gestreut“ gewesen sei.

Der Kläger begehrt ein Schmerzensgeld in Höhe von zumindest 5.000,00 € sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, die weiteren durch den Unfall verursachten Schäden zu ersetzen.

Der Kläger behauptet, er sei auf dem letzten Treppenabsatz des Gebäudes G.straße ausgerutscht. Dieser Bereich sei nicht von Schnee und Eis gereinigt gewesen. Hierdurch habe er, der Kläger, einen distalen Bruch des Radius im linken Unterarm erlitten. Er habe sich vom 08.12. bis 12.12.2010 in stationärer Behandlung befunden. Es sei eine Platte eingesetzt worden, die erst im Dezember 2011 entfernt werde. Seine berufliche Tätigkeit könne er als Linkshänder nicht ausüben, da er nicht in der Lage sei, die Computermaus zu bedienen.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens aber 5.000,00 €, nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, jeden weiteren Schaden zu ersetzen, der infolge des vom Kläger am 08.12.2010 erlittenen Unfalls entsteht.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie rügt die Zuständigkeit des Amtsgerichts Schöneberg. Sie behauptet, dass der Gehweg und die Stufen zum Gebäude am 08.12.2010 gegen 12.30 Uhr fachgerecht geräumt und gestreut gewesen seien. Ein Sturz des Klägers im Verantwortungsbereich der Beklagten werde bestritten. Zudem scheide eine Einstandspflicht aus, da sie, die Beklagte, die Pflichten aus der Verkehrssicherungspflicht rechtswirksam an die D. GmbH übertragen habe. Ihre Überwachungsverpflichtung habe sie, die Beklagte, durch regelmäßige Kontrollen durch die Firma H. GmbH eingehalten.

Das Gericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 19.04.2011 Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen E. und durch Parteivernehmung des Klägers. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 17.05.2011 Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Es war wie erkannt zu entscheiden. Der Kläger kann gemäß den §§ 280 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB eine Entschädigung in Höhe von 4.000,00 € verlangen.

Das Amtsgericht Schöneberg war gemäß § 29 a ZPO für die Entscheidung zuständig, da der Kläger eine mangelnde Schneebeseitigung im Mietobjekt selbst behauptet hat. Selbst wenn man daher vertreten wollte, dass die Verkehrssicherungspflicht im Hinblick auf die Reinigung der öffentlichen Wege nicht unter die Vorschrift des § 29 a ZPO fiele, bleibt das Amtsgericht jedenfalls wegen des insoweit entscheidenden Parteivortrages des Klägers gemäß § 29 a ZPO zuständig.

Die Beklagte hat eine Nebenpflicht aus dem zwischen den Parteien bestehenden Mietverhältnis verletzt (vgl. § 280 Abs. 1 BGB). Nach dem Mietvertrag ist nämlich ein Vermieter verpflichtet, jedenfalls die zur Benutzung des Gebäudes notwendigen Teile derart instand zu halten, dass eine Benutzung gefahrlos möglich ist. Hierunter fällt auch eine Schneebeseitigungsverpflichtung. Gegen diese vertragliche Verpflichtung hat die Beklagte verstoßen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nämlich zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Stufen zum Hauseingang nicht von Schnee und Eis befreit gewesen sind, dass der Beklagte in diesem Bereich gestürzt ist und sich einen distalen Bruch des linken Unterarms zugezogen hat. Das Gericht folgt insoweit der glaubhaften Aussage des Zeugen E., an dessen Glaubwürdigkeit und Erinnerungsvermögen das Gericht nicht den geringsten Zweifel hat. Insoweit muss beachtet werden, dass der Zeuge den Kläger nur „vom Sehen“ kennt und erkennbar kein Interesse an einem Obsiegen des Klägers hat. Danach ist aber das Gericht der Überzeugung, dass der Kläger auf einer älteren Schneekruste auf den beiden Treppenstufen des hier fraglichen Gebäudes ausgerutscht ist und sich einen Bruch des linken Unterarms zugezogen hat. Es mag auch dahin stehen, ob die Beklagte Hilfspersonen mit der Schnee- und Eisbeseitigung beauftragt hat. Im Rahmen des bestehenden Vertragsverhältnisses hat die Beklagte für ein Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen einzustehen (vgl. § 278 BGB).

Nach der Vernehmung des Klägers gemäß § 287 ZPO steht auch zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger eine distale Radiusfraktur erlitten hat.

Die Höhe des Schmerzensgelds setzt das Gericht auf 4.000,00 fest. Der Verletzte soll durch das Schmerzensgeld in die Lage versetzt werden, sich Erleichterungen und andere Annehmlichkeiten anstelle derer zu verschaffen, deren Genuss ihm durch die Verletzung unmöglich gemacht wurde. Ein Schmerzensgeld muss sich daher im Wesentlichen nach der Größe, Heftigkeit, Dauer und nach den Auswirkungen der erlittenen Leiden richten. Insoweit hat das Gericht die Schwere der Verletzung, die Länge des Heilungsprozesses, die Notwendigkeit mehrerer Behandlungstermine, die nicht unerhebliche Einschränkung der Bewegungsfähigkeit und die Tatsache berücksichtigt, dass zum Jahresende eine erneute Operation notwendig wird. Danach hält das Gericht ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000,00 € für angemessen und ausreichend. Insbesondere war zu beachten, dass den Kläger die fehlende Bewegungsfähigkeit der linken Hand jedenfalls über einen längeren Zeitraum als „Linkshänder“ besonders trifft. Bei der Ausübung des Ermessens hat das Gericht auch beachtet, dass vergleichbare Verletzungen annähernd gleiche Entschädigungen zur Folge haben. Insoweit hat aber das OLG Celle (vgl. Urteil vom 25.01.2007 8 U 161/06) ebenfalls bei einer vergleichbaren Verletzung ein Schmerzensgeld von 4.000,00 € für angemessen erachtet.

Gemäß den §§ 280 Abs. 1, 249 ff. BGB in Verbindung mit § 256 ZPO war festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger möglicherweise noch eintretende Schäden ersetzen muss. Insoweit ist nicht vollständig auszuschließen, dass die im Dezember 2011 vorgesehene Operation zu einem weiteren Schaden führt.

Der Zinsanspruch folgt aus der Vorschrift des § 291 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in der Vorschrift des § 709 ZPO.

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