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Vertraglicher Ausschluss einer Aufrechnung mit der Mietkaution im Mietvertrag

AG Hanau – Az.: 95 C 342/10 – Urteil vom 06.10.2011

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger 2.747,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2010, sowie 383,66 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.12.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger 10 % und die Beklagten 90 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Kläger begehren nach beendetem Mietverhältnis die Rückzahlung der Mietkaution sowie die Ersatz für sich noch im Heizöltank befindliches Restöl.

Am 24.04.1999 schlossen die Kläger als Mieter und die Beklagten als Vermieter einen Mietvertrag über ein Einfamilienhaus in der F. in H.. Bestandteil des Mietvertrages war ein handschriftlicher Anhang dessen Ziffer 1) lautet: „Die Kaution ist vor Einzug fällig. Die Kaution beträgt 4875,- DM in Worten viertausendachthundertfünfundsiebzig. Eine bankübliche Verzinsung wird vereinbart. Eine Verrechnung oder Abtretung der Kaution ist nicht möglich.“ Die Kläger entrichteten die Kaution von seinerzeit 4.875,00 DM. Während der Mietzeit nahmen die Kläger umfangreiche bauliche Veränderungen an dem Mietobjekt vor. Im September 2008 begannen die Kläger die Miete wegen diverser behaupteter Mängel zu mindern. In dem damals von den jetzigen Beklagten angestrengten Prozess auf Zahlung der rückständigen Mieten (Az XXX) wurden die jetzigen Kläger mit Urteil vom 09.09.2009 zur Zahlung von 439,47 € zuzüglich Zinsen für die rückständigen Mieten bis einschließlich Februar 2009 verurteilt. In dem Urteil wurde ein monatlicher Mietminderungsbetrag von 17,64 € für angemessen erachtet, so dass ab März 2009 eine Miete von 864,34 € zu entrichten war, worüber zwischen den Parteien Einigkeit besteht. Die Kläger zahlten für die Monate März bis September 2009 zunächst monatlich 798,01 €, für Oktober bis Dezember 2009 monatlich 863,36 €. Zudem überwiesen die Kläger unter dem 28.09.2009 479,17 € und unter dem 22.10.2009 51,47 € an die Beklagten. Am 27.12.2009 gaben die Kläger die Mietsache zurück und verlangten die Rückzahlung der Kaution. Dies wurde seitens der Beklagten mit dem Hinweis auf umfangreiche Rückbauverpflichtungen des Klägers abgelehnt. Am 27.12.2009 befanden sich noch 410 Liter Öl im Heizöltank. Mit Schreiben vom 10.03.2011 forderte der Prozessbevollmächtigte der Kläger die Beklagten auf, die Kaution bis zum 31.03.2011 auszuzahlen. Zudem wies er auf den Restölbestand hin, welcher einem Eurobetrag von 272,75 € entspräche. Mit Schreiben vom 26.03.2010 gab der Beklagtenvertreter das Kautionsguthaben mit 2.747,68 € (4.874,00 DM entsprechend 2.492,55 € zuzüglich 255,13 € Zinsen) an und stellte in die Abrechnung des Kautionsguthabens auch den von den Klägern geforderten Betrag von 272,75 € für das Restöl ein. Von dem Gesamtbetrag in Höhe von insgesamt 3.020,43 € brachte er zunächst offene Mieten in Höhe von 411,87 € in Abzug um dann von dem verbleibenden Restbetrag in Höhe von 2.608,56 € Schadenersatz in Höhe von 11.214,06 € in Abzug zu bringen. Mit der Klage vom 20.12.2010, die dem Beklagtenvertreter am 30.12.2010 zugestellt wurde, begehrt der Kläger die Rückzahlung der Kaution nebst Zinsen von insgesamt 2.747,68 €, Ersatz für den Restölbestand in Höhe von 272,75 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 436,97 €.

Die Kläger sind der Ansicht, Ziffer 1) des Anhangs zum Mietvertrag beinhalte ein Aufrechnungsverbot. Die Beklagten könnten daher gegenüber dem Kautionsrückzahlungsanspruch nicht aufrechnen.

Die Kläger beantragen, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger 3.020,43 € mit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2010 zu zahlen, sowie die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger 436,97 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, ihnen stünden Ansprüche auf die Rückgängigmachung der baulichen Veränderungen zu. Zudem seien noch Mieten in Höhe von 411,87 € offen. Sie sind der Ansicht, der Kautionsrückzahlungsanspruch sei durch Verrechnung erloschen. Ziffer 1) des Anhangs zum Mietvertrag sei dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass nur der Mieter die Kaution nicht verrechnen dürfe, wohl aber der Vermieter, da sonst die Stellung der Kaution sinnlos sei.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die in der Akte befindlichen Schriftsätze verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E. und J.. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt X. der Akte verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und soweit der Tenor reicht begründet.

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Ersatz für den sich noch im Heizöltank befindlichen Restölbestand, denn der unstreitig in Höhe von 272,21 € bestehende Anspruch ist gemäß § 389 BGB durch Aufrechnung erloschen. Der Beklagtenvertreter hat mit Schriftsatz vom 26.06.2010 die Aufrechnung mit offenen Mieten in Höhe von 411,87 € und Schadenersatzansprüchen in Höhe von 11.214,06 € die Aufrechnung erklärt, wobei er von dem von den Klägern geforderten Betrag zunächst die offenen Mieten in Höhe von 411,87 € in Anzug brachte. Ein Anspruch auf Mietzahlungen steht den Beklagten auch zu, allerdings nur in Höhe von 367,08 € zuzüglich Zinsen. Da auch dieser Betrag die Forderung von 272,21 € übersteigt, ist dies jedoch nicht von Belang. Die Mietforderungen bis einschließlich Februar 2009 waren bereits Gegenstand des Verfahrens vor dem Amtsgericht Hanau mit dem Aktenzeichen XXX. Mit Urteil vom 09.09.2009 wurden die jetzigen Kläger zur Zahlung von 439,47 € zuzüglich Zinsen verurteilt. Die Parteien sind sich darüber einig, den vom Gericht in Ansatz gebrachten Minderungsbetrag von 17,64 € für die Zeit bis zur Beendigung des Mietverhältnisses monatlich von der Miete in Abzug zu bringen. Für die Monate März bis Dezember 2009 ergeben sich daher Fehlbeträge in Höhe von 467,25 €, abzüglich aller geleisteter Zahlungen ergibt sich ein Fehlbetrag von 367,08 €, in dem die in dem Urteil ausgesprochenen Zinsen jedoch noch nicht enthalten sind. Da aber jedenfalls Mieten in Höhe von 272,21 € offen waren, ist der in dieser Höhe bestehende Anspruch auf Ersatz für den Restölbestand gemäß § 389 BGB erloschen.

Die Kläger haben einen Anspruch auf Rückzahlung der Kaution nebst Zinsen in Höhe von 2.747,68 €. Der Anspruch ist in Grund und Höhe unstreitig. Der Anspruch ist auch nicht durch Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen. Zwar hat der Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 26.06.2010 die Aufrechnung erklärt, diese Erklärung geht jedoch unabhängig von dem Bestehen aufrechenbarer Ansprüche ins Leere, da die Aufrechnung in Ziffer 1) des Anhangs zum Mietvertrag ausgeschlossen wurde. Dort heißt es: „[…] Eine Verrechnung […] der Kaution ist nicht möglich […].“ Mit „Verrechnung“ ist vorliegend das Rechtsinstitut der „Aufrechnung“ gemeint, auch dies ist zwischen den Parteien unstreitig und ergibt sich schon daraus, dass der juristische Laie den Begriff Aufrechnung in der Regel nicht kennt und an dessen Stelle das Wort „Verrechnung“ verwendet“. Vertragliche Aufrechnungsverbote sind grundsätzlich wirksam. Dies bedeutet, dass die Beklagten gegen die Forderung auf Rückzahlung der Kaution nicht mit vermeintlichen Schadenersatzansprüchen aufrechnen konnten.

Ziffer 1) des Anhangs des Mietvertrages ist auch nicht dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass nur dem Mieter eine Aufrechnung verwehrt ist. Dies ist schon alleine deshalb nicht möglich, da die teleologische Reduktion ein Instrument ist, welches nur bei der Auslegung von Gesetzen Anwendung findet (Palandt- Sprau, BGB 70. Auflage, vor § 1 Einl, Rn 40 ff.). Vorliegend handelt es sich um eine vertragliche Regelung. Verträge sind nach den §§ 133, 157 BGB auszulegen. Fraglich ist schon, ob Ziffer 1) der Zusatzvereinbarung überhaupt auslegungsbedürftig ist, da sie nach Wortlaut und Zweck eindeutig ist. Keine der Vertragsparteien soll mit oder gegen Ansprüchen aus der Kaution aufrechnen können. Ein anderweitiger übereinstimmender Wille der Vertragsparteien steht auch nach der informatorischen Anhörung der Parteien zu dem zu Stande kommen der Zusatzvereinbarung nicht zur Überzeugung des Gerichts fest. Die Zusatzvereinbarung wurde nach den übereinstimmenden Angaben der Parteien durch die Beklagten vorformuliert und den Klägern zur Unterschrift vorgelegt. Die Klägerseite gab an, über Ziffer 1) des Anhangs sei nicht weiter gesprochen worden. Der Beklagte zu 1) vermochte sich nicht daran erinnern, ob darüber gesprochen wurde. Er gab jedoch an, der Passus bezüglich der Verrechnung der Kaution sei eingefügt worden, da ausgeschlossen hätte werden sollen, dass die Mietkaution abgewohnt wird. Dies erscheint nachvollziehbar, ist jedoch ein rein inneres Motiv, das weder in der Formulierung zum Ausdruck gekommen ist, noch im Rahmen des Vertragsabschlusses zur Sprache gebracht wurde, und daher nicht geeignet, zu einem diesbezüglich übereinstimmenden Willen der Parteien zu gereichen. Unabhängig von der Frage der Auslegungsbedürftigkeit ist Ziffer 1) des Anhangs jedenfalls nicht auslegungsfähig, da eine Auslegung mangels objektiver Anknüpfungstatsachen beliebig wäre und der Auslegende jede gerade ihm am vorteilhaftesten erscheinende Auslegung wählen könnte. Ziffer 1) des Anhangs entgegen dem eindeutigen Wortlaut dahingehend auszulegen, dass nur dem Mieter in Bezug auf rückständige Mieten, jedoch nicht dem Vermieter die Aufrechnung verwehrt wird, ist objektiv nicht die einzig mögliche Auslegung. Zudem wäre dann die Regelung eine rein deklaratorische, denn der Mieter kann während der Mietzeit ohnehin nicht über die Kaution verfügen. Er darf während des Bestehens des Mietverhältnisses nicht mit dem Kautionsrückzahlungsanspruch aufrechnen und insbesondere die Kaution auch nicht „abwohnen“ (Schmidt/Futterer-Blank, MietR 10. A., § 551 Rn 92, mwN). Man könnte daran denken, dass in Anbetracht dessen die Aufrechnungsmöglichkeit nur des Mieters generell ausgeschlossen sein soll, also auch nach Beendigung des Mietverhältnisses mit Ansprüchen, die nicht im Mietverhältnis ihre Grundlage haben. Für diese Auslegung gibt es jedoch im Vertrag und auch sonst keine objektiven Anhaltspunkte. Die Auslegung dahingehend, dass jedenfalls dem Vermieter die Aufrechnung der Kaution mit Ansprüchen aus dem Mietverhältnis nicht verwehrt sein soll, ist auch nicht zwingend die einzig logische, da die Kaution auch ohne einseitige Aufrechnungsmöglichkeit durch den Vermieter ihren Sicherungszweck erfüllt. Zum einen könnten unstreitige Schadenersatzansprüche des Vermieters gegen den Mieter bestehen und die Parteien dann einvernehmlich eine „Verrechnung“ vornehmen, denn das Aufrechnungsverbot kann jederzeit vertraglich aufgehoben werden. Zum anderen könnte der Vermieter bei streitigen Ansprüchen einen diesbezüglichen Titel erwirken und dann in den Kautionsrückzahlungsanspruch vollstrecken, wenn der Mieter keine anderweitigen Güter inne hat, die einer Vollstreckung zugänglich sind. Da wegen der großen Anzahl der Auslegungsmöglichkeiten, für die es alle keine Anhaltspunkte im Vertrag oder aus Gründen der Logik gibt, Ziffer 1) des Anhangs nicht auslegungsfähig ist, verbleibt es bei dem Wortlaut der Regelung, wonach eine Aufrechnung mit oder gegen Ansprüche auf Rückzahlung der Kaution nicht möglich ist. Die Kläger haben einen Anspruch auf Auszahlung der Kaution in Höhe von 2.747,68 €.

Der Anspruch auf die diesbezüglich zugesprochenen Zinsen folgt aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 und 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB. Da Zinsen erst ab dem 01.04.2010 verlangt wurden, waren diese erst ab diesem Zeitpunkt zuzusprechen, § 308 Abs. 1 ZPO.

Die Kläger haben einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 und 2 Nr. 3 BGB in Höhe einer 1,6 Gebühr (1,3 und Erhöhung um 0,3 nach Nr. 1008 VV RVG) zuzüglich Pauschale und Umsatzsteuer. Der Anspruch errechnet sich jedoch nur aus einem Gegenstandswert von 2.747,68 €, da den Klägern ein Anspruch nur in dieser Höhe zusteht, mithin 383,66 €.

Der Anspruch auf die diesbezüglich zugesprochenen Zinsen folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 ZOI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

 

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