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WEG – Anspruch auf Wiederherstellung einer Gartenfläche

AG Sinzig – Az.: 10a C 8/18 WEG – Urteil vom  08.08.2019

1. Die Beklagte wird verurteilt, die im Bereich ihrer Wohnung mit der Nr. 10 des Aufteilungsplans, Grundbuch von …, bei dem Amtsgericht Sinzig, vorgenommene Veränderungen im Sondernutzungsbereich Garten in Form einer Terrasse im hinteren Grundstücksbereich – Richtung Rhein – zu beseitigen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger 9 % und die Beklagte 91 % zu tragen.

4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils, zu vollstreckenden Betrages. Die Kläger dürfen die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Rückbau einer Terrasse im hinteren Gartenbereich der Wohnungseigentümergemeinschaft ….

Zugunsten der Kläger sind Auflassungsvormerkungen betreffend die Wohnungen Nummer 16 und Nummer 17 in den Grundbüchern der Wohnungseigentümergemeinschaft … eingetragen. Die Wohnungen sind an die Kläger übergeben und werden genutzt. Die Beklagte ist Eigentümerin der Wohnung Nummer 10. Zugunsten der Beklagten besteht zudem ein Sondernutzungsrecht an dem an ihre Wohnung angrenzenden Garten, der im Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft steht.

Mit Chat-Nachricht vom 14.04.2017 teilte die Klägerin zu 2. gegenüber der Beklagten mit: Toll was für ein schöner Blick. Da freut sich … schon auf die Terrasse“. Weiterhin bot die Klägerin zu 2. der Beklagten mit Chat-Nachricht vom 11.06.2017 Stühle für das – so wörtlich – Hochtableau an.

Die Beklagte bat die Hausverwaltung mit E-Mail vom 05.09.2017, ihre Information an die Hausverwaltung vom 24.08.2019, mit der die Beklagte die Hausverwaltung über den Bau einer Terrasse im Bereich des in ihrem Sondernutzungsrecht stehenden Gartens informierte, an die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft weiterzuleiten.

Sechs Wochen später, namentlich im Oktober 2017, ließ die Beklagte im hinteren Bereich des Gartens auf einer Erhöhung, nachdem sie die dortige Wildbepflanzung gerodet hatte, eine 40m2 große Terrasse bauen. Den Boden der Terrasse bildet ein 40m2 großer Holzaufbau. Auf dem Holzaufbau ist eine viersäulige Pergola errichtet ist. Die Pergola Ist in Himmelsrichtung mit einem Sonnentuch überspannt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Terrassenaufbaus wird auf die Lichtbilder der Klageerwiderung vom 11.09.2019 (Blatt 62 der Akte, Blatt 64 der Akte und Blatt 69 der Akte) sowie auf das als Anlage K2 zur Klageschrift vom 03.12.2018 dem Rechtsstreit beigebrachte Lichtbild (Blatt 51 der Akte) verwiesen. Von der auf der Erhöhung im hinteren Gartenbereich errichteten Terrasse kann die Beklagte Einsicht in die Wohnungen der Kläger mit den Nummern 16 und 17 nehmen.

Es besteht eine weitere Terrasse im gleichen Umfang, wie die der Beklagten. Diese Terrasse ist in dem Gartenbereich des Sondernutzungsberechtigten … errichtet. Auch von dieser Terrasse besteht die Möglichkeit in die Wohnungen der Kläger einzusehen.

In der Wohnungseigentümerversammlung vom 18.09.2018 lehnte die Wohnungseigentümergemeinschaft unter dem Tagesordnungspunkt 11 folgenden Antrag des Klägers zu 1. ab:

„Rückbau aller ohne Genehmigung am und im Gemeinschaftseigentum vorgenommenen ohne Genehmigung durch die Wohnungseigentümer vorgenommenen baulichen Maßnahmen/Beschlussfassung über weitere Vorgehensweise. Beschluss- Vorschlag/Antrag …

WEG - Anspruch auf Wiederherstellung einer Gartenfläche
(Symbolfoto: Von Rob Painter/Shutterstock.com)

Die Wohnungseigentümer verleihen der Wohnungseigentümergemeinschaft die Befugnis, die ihnen zustehenden Individualansprüche auf Beseitigung der baulichen Veränderung, Errichtung einer Terrassenanlage einschließlich Aufbauten durch die Wohnungseigentümerin …, Whg. Nr 10 außergerichtlich und gerichtlich im Sinne einer bloß gesetzlichen Prozessstandschaft geltend zu machen. Der Verwalter wird ermächtigt, namens und in Auftrag der Wohnungseigentümergemeinschaft die Wohnungseigentümerin … außergerichtlich mit angemessener Fristsetzung aufzufordern, die ungenehmigte bauliche Veränderung zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand des Gemeinschaftseigentums wiederherzustellen. Für den Fall, dass die Wohnungseigentümerin … dieser Aufforderung nicht nachkommt, ist der Verwalter weiter ermächtigt, namens und im Auftrag der Wohnungseigentümergemeinschaft die Beseitigung der baulichen Veränderungen gerichtlich durchzusetzen. Der Verwalter wird beauftragt, namens und im Auftrag der Gemeinschaft einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Die Finanzierung der Kosten des Verfahrens erfolgt aus den laufenden Hausgeldern.“

Mit anwaltlichen Schreiben vom 22.10.2018 forderten die Kläger die Beklagte dazu auf, die Terrasse bis zum 09.11.2018 rückstandslos zu entfernen. Die Klägerin kam dem nicht nach.

Die Kläger beantragen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, die im hinteren Bereich ihrer Wohnung mit der Nr. 10 des Aufteilungsplans, Grundbuch von … bei dem Amtsgericht Sinzig, vorgenommene Veränderung im Sondernutzungsbereich Garten in Form einer Terrasse im hinteren Grundstücksbereich – Richtung Rhein – zu beseitigen und den Gartenbereich in seinem ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 1.029,35 € vorgerichtliche Anwaltsgebühren nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin zu 2. habe mit ihren Chat-Nachrichten aus April und Juni 2017 der Errichtung der Terrasse i. S. d. § 22 Abs. 1 WEG zugestimmt. Die Beklagte behauptet hierzu, die Kläger seien zum Zeitpunkt dieser Nachrichten über den Bau der Terrasse mit Aufbauten und Baldachin informiert gewesen.

Die Kläger behaupten demgegenüber, dass sie zu diesem Zeitpunkt nicht darüber informiert gewesen seien, dass die Errichtung einer Terrasse mit Aufbauten, Baldachin, Lichtanlage und Lichterketten geplant gewesen seien; die Stühle habe die Klägerin zu 2. der Beklagten angeboten, weil diese mitgeteilt habe, sie werde die Erhöhung im Garten gelegentlich nutzen wollen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat überwiegend Erfolg.

I.

Der Antrag auf Beseitigung der Terrasse ist begründet. Der Antrag auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes des Gartens sowie der Antrag auf Erstattung der vorgerichtlich aufgewandten Anwaltskosten haben keinen Erfolg.

1.

Den Klägern steht gegen die Beklagte zunächst ein Anspruch auf Beseitigung der Terrasse gemäß § 22 Abs. 1 WEG i. V. m. 1004 Abs. 1 BGB zu.

a.

Die Kläger sind aktiv legitimiert.

Zwar sind die Kläger noch nicht Eigentümer der Wohnungseinheiten Nummer 16 und Nummer 17. Da jedoch zugunsten der Kläger Auflassungsvormerkungen im Grundbuch eingetragen sind sowie ihnen bereits der Besitz an den Wohnungen eingeräumt wurde, sind die Kläger als „werdende Eigentümer“ aktiv legitimiert, den Anspruch auf Beseitigung der Terrasse aus eigentumsrechtlichen Vorschriften geltend zu machen (vgl. Hierzu BGH 11.05.2012 – V ZR 196/11).

Da die Eigentümer in der Wohnungseigentümerversammlung am 18.09.2018 nicht beschlossen haben, die Individualansprüche der Kläger gemäß § 22 Abs. 1 WEG i. V. m. 1004 Abs. 1 BGB an sich zu ziehen, bleiben die Kläger zudem in Bezug auf den Individualanspruch auf Beseitigung der Terrasse aktiv legitimiert (vgl. Hierzu BGH 19.12.1991 – V ZB 27/90).

b.

Gemäß § 22 Abs. 1 WEG i. V. m. 1004 Abs. 1 BGB kann derjenige Wohnungseigentümer die Beseitigung einer unzulässigen baulichen Veränderung von den Wohnungseigentümern verlangen, die diese vorgenommen haben (Handlungsstörer), wenn dadurch eine Beeinträchtigung (Störung) im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG eingetreten ist.

Diese Voraussetzungen liegen vor.

Bei der errichteten Terrasse handelt es sich zunächst um eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 BGB. Unter einer baulichen Veränderung im Sinne dieser Vorschrift ist jede Umgestaltung des Gemeinschaftseigentums, die von dem Aufteilungsplan oder früheren Zustand nach Fertigstellung abweicht und über die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung hinausgeht. Dies setzt eine auf Dauer angelegte gegenständliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums voraus, die auf Veränderung des vorhandenen Zustandes gerichtet ist und zwar dadurch, dass Gebäudeteile oder das Grundstück verändert, Einrichtungen oder Anlagen neu geschaffen oder geändert werden (Merle in: Bärmann, 14. Aufl., WEG, § 22, Rn. 7). Die Anlage einer Terrasse, insbesondere eine Terrasse mit Pergola stellt eine derartige bauliche Veränderung dar, die zudem über die ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung hinausgeht. (vgl. Merle in: Bärmann,14. Aufl., WEG, § 22, Rn. 89, 106 m. w. N.) Dies wird von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt.

Die Beklagte, die die Terrasse errichten ließ ist zudem Handlungsstörerin und damit passiv legitimiert.

Es liegt zudem zulasten der Kläger eine Beeinträchtigung im Sinne der §§ 22 Abs. 1 WEG, 14 Nr. 1 Alt. 2 WEG vor. Deshalb war die Zustimmung derjenigen Wohnungseigentümer erforderlich, die durch den Terrassenaufbau beeinträchtigt sind Diese Zustimmung fehlt.

Insoweit ist von demjenigen Wohnungseigentümer die Zustimmung zu der baulichen Veränderung gemäß § 22 Abs. 1 WEG, § 14 Nr. 1 Alt. 2 WEG einzuholen, dem durch die entsprechende Nutzung des Gemeinschaftseigentums durch den Störer über ein bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein nicht ganz unerheblicher Nachteil erwächst. Ob durch einen Gebrauch ein erheblicher, vermeidbarer Nachteil erwächst, beurteilt sich danach, inwieweit sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (BGH 14.12.2012 – V ZR 224/11). Ein solcher Nachteil ist hier zu Lasten der Kläger gegeben. Zum einen ist die Privatsphäre der Kläger beeinträchtigt, besteht doch von der errichteten Terrasse eine Einblicksmöglichkeit in die Wohnungen der Kläger (vgl. hierzu BayObLG ZMR 2005, 377; OLG Hamburg ZMR 2003, 524). Weiterhin ist anerkannt, dass sich ein Nachteil auch aus einer wesentlichen Veränderung des optischen Gesamteindrucks der Anlage ergeben kann (BayObLG 21.05.1999 – 2 Z BR 188-98 m. w. N.). Bei der streitgegenständlichen Terrasse handelt es sich um einen 40m2 großen Aufbau mit Pergola un Bestuhlung, errichtet auf einer Erhöhung im hinteren Gartenbereich der Beklagten, welcher das optische Erscheinungsbild der Anlage massiv verändert und beeinträchtigt. Aufgrund der zur Verfahrensakte gereichten Lichtbilder, die einen hinreichenden Aufschluss über die Situation geben, bedurfte es keiner Inaugenscheinnahme. Zuletzt liegt es auch auf der Hand, dass ein derartiger Aufbau auf der Erhöhung eine gänzlich andere Nutzungsmöglichkeit bietet, als eine mit Wildwuchs bewachsene Erhöhung.

Die damit erforderliche Zustimmung wurde nicht erteilt. Vertreten wird, dass das Erfordernis der Zustimmung aller Beeinträchtigten in § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG die benötigte Stimmenzahl des Beschlusses über den Antrag auf den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums regelt und die Zustimmung formlos außerhalb eines Beschlussverfahrens nicht erteilt werden könne; vielmehr sei ein Beschluss der Wohnungseigentümer zwingend erforderlich (Merle in: Bärmann, 14. Aufl., WEG, § 22, Rn. 142 m. w. N.). Andererseits wird vertreten, dass wie nach der zuvor geltenden Fassung der Norm, weiterhin eine formlose Zustimmung derjenigen Wohnungseigentümer ausreicht, die durch die bauliche Veränderung beeinträchtigt werden (Engelhardt in: MüKo zum BGB, 7. Aufl., § 22, Rn. 8 m. w. N.). Soweit ersichtlich hat der Bundesgerichtshof diese Frage zuletzt offengelassen (BGH 07.02. 2014 – V ZR 25/13). In dem hier zu entscheidenden Fall bedarf die Fragestellung keiner Beantwortung, weil gemäß § 22 Abs. 1 WEG alle Wohnungseigentümer zustimmen müssen, denen über das bei einem gesonderten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus einen Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG erwächst (vgl. Hierzu BGH 07.02. 2014 – V ZR 25/13). Diese Zustimmung, unabhängig der Frage der Form der Zustimmung, von den übrigen beeinträchtigten Wohnungseigentümern liegt nicht vor. Aufgrund der optischen Beeinträchtigung durch die errichtete Terrasse sind auch andere Wohnungseigentümer im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG beeinträchtigt, deren Zustimmung nicht vorliegt. Jedenfalls ist auch der Kläger zu 1. durch die bauliche Maßnahme im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG beeinträchtigt (und zwar nicht nur durch die optische Veränderung, sondern auch durch die Einblicksmöglichkeit in seine Wohnung) und die Erteilung der Zustimmung des Klägers zu 1. behauptet die Beklagte selber nicht.

c.

Das Beseitigungsverlangen ist auch nicht aus sonstigen Gründen, etwa wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB, ausgeschlossen.

Insbesondere verhält sich die Klägerin zu 2. mit ihrem Beseitigungsverlangen nicht widersprüchlich, weil sie etwa der Errichtung des streitgegenständlichen Terrassenaufbaus mit ihren elektronischen Nachrichten aus April und Juni 2017 zugestimmt habe. Selbst unterstellt, es wäre der Rechtsauffassung zu folgen, dass die erforderliche Zustimmung nach § 22 Abs. 1 WEG außerhalb eines Beschlussverfahrens erteilt werden könnte, so kann in den elektronischen Nachrichten aus April und Juni 2017 keine Zustimmungserklärung gesehen werden. Denn insoweit mangelt es doch an einem entsprechenden vorausgegangenen Zustimmungsantrag der Klägerin. Es gilt ein formalistischer Ansatz, wonach der Erklärende in Bezug auf eine konkrete Anfrage eines Antragenden seine Zustimmung erteilen muss. Der Erklärende muss sich bei Erteilung seiner Zustimmung darüber im Klaren sein, dass er sich im Bezug auf eine konkrete Anfrage zu einer baulichen Veränderung einverstanden erklärt. Dies ist in Bezug auf die elektronischen Nachrichten der Klägerin zu 2. nicht vorgetragen und auch nicht sonst erkennbar.

Weiterhin kann die Beklagte nicht mit Erfolg einwenden, dass die Kläger bislang auch nicht die Beseitigung des Terrassenaufbaus des … verlangen. Insoweit gibt es keine Gleichheit im Unrecht und in der Individualanspruch in Relation der Parteien des hiesigen Rechtsstreites besteht unabhängig von einem etwaigen Individualanspruch der Kläger in Relation zu dem Nachbarn Herrn … .

2.

Den Klägern steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Wiederherstellung des Gartens in seinen ursprünglichen Zustand zu.

Der Anspruch auf Wiederherstellung folgt weder aus § 22 Abs. 1 WEG i. V. m. 1004 Abs. 1 BGB noch aus §§ 823 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB.

a.

Ein Anspruch der Kläger aus § 22 Abs. 1 WEG i. V. m. 1004 Abs. 1 BGB auf Wiederherstellung des Gartenbereiches in den vorherigen Zustand besteht nicht.

Anerkannt ist, dass der Beseitigungsanspruch die Rückgängigmachung von Schäden, die durch die Beseitigung eintreten sind, mit umfassen kann (vgl. BGH 07.03.1986 – V ZR 92/85). Wird das Eigentum durch Umgestaltungen gestört, umfasst die Beseitigung der Störung, bzw. der Störungsquelle insoweit die komplette Rückgestaltung. Werden beispielsweise Dachfenster ohne Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft eingebaut, kann nicht nur deren Beseitigung verlangt werden, sondern auch die Wiederverschließung des Daches (vgl. LG München 15.11.2017 – 1 S 1978/16 WEG). So liegt der Fall hier aber nicht. Der Rückbau der Terrasse hinterlässt aber keine Schädigung des gemeinschaftlichen Eigentums im hinteren Gartenbereich. Die Rodung der Erhöhung im hinteren Gartenbereich und die Errichtung der Terrasse sind bilden ein zweiaktiges Geschehen; der durch die Rodung entstandene Schaden war bereits vor der Errichtung der Terrasse eingetreten und bleibt auch nach Rückbau der Terrasse weiterhin bestehen.

b.

Den Klägern steht auch kein Anspruch auf Wiederherstellung des im Gemeinschaftseigentum stehenden Gartenbereiches in den vorherigen Zustand gemäß §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB zu.

Die Kläger sind in Bezug auf diesen Schadensersatzanspruch betreffend die Zerstörung des Gemeinschaftseigentums nicht aktiv legitimiert. Eis handelt sich bei diesem Anspruch um einen geborenen Anspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft (vgl. BGH 07.02. 2014 – V ZR 25/13). Es besteht für Schadensersatzansprüche, die auf die Verletzung des Gemeinschaftseigentums gestützt werden, ausnahmsweise dann keine geborene, sondern lediglich eine gekorene Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft, wenn und soweit sie in Anspruchskonkurrenz zu Beseitigungsansprüchen der Wohnungseigentümer aus dem Miteigentum an dem Grundstück gemäß § 1004 Abs. 1 BGB stehen; dies gilt auch soweit der Beseitigungsanspruch die Wiederherstellung des vorherigen Zustands umfasst (vgl. BGH 26.10.2018 – V ZR 328/17). Den Klägern steht ein Anspruch auf Wiederherstellung des hinteren Gartenbereiches gemäß obigen Ausführungen indes nicht zu, weshalb eine Anspruchskonkurrenz zwischen § 22 Abs. 1 WEG i. V. m. § 1004 Abs. 1 BGB sowie §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB in diesem streitbefangenen Punkt gerade nicht besteht. Die Rodung des Wildwuchses auf der Erhöhung im hinteren Gartenbereich stellt eine Zerstörung des Gemeinschaftseigentums dar, so dass es bei der geborenen Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft in Bezug auf den hieraus resultierenden Schadensersatzanspruch verbleibt.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat es indes mit Beschluss in der Wohnungseigentümerversammlung vom 18.09.2018 abgelehnt, den Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes des Gartenbereiches gegen die Beklagte durchzusetzen. An dieses Ergebnis sind die Kläger gebunden.

3.

Die Kläger können gegen die Beklagte zuletzt nicht mit Erfolg die Erstattung ihrer vor gerichtlich aufgewendeten Anwaltskosten geltend machen.

Ein derartiger Anspruch als materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch besteht nur als Teil eines Schadensersatzanspruches, der vorliegend aufgrund der fehlenden Aktivlegitimation (vgl. oben) gerade nicht besteht. Den Klägern steht in Bezug auf den Rückbau der Terrasse ein Beseitigungsanspruch aus § 22 Abs. 1 WEG i. V. m. § 1004 Abs. 1 BGB zu und gerade kein Anspruch aus unerlaubter Handlung nach § 823 Abs. 1 BGB. § 1004 Abs. 1 BGB ist keine Anspruchsgrundlage, die einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gewährt.

Kosten, die durch die Geltendmachung eines nicht auf Schadensersatz gerichteten Anspruchs entstehen sind im Übrigen nur unter den Voraussetzungen des Verzuges oder der Pflichtverletzung erstattungsfähig (Grüneberg in: Palandt, BGB, 77. Aufl.).

Dass die Beklagte vor Inanspruchnahme des Prozessbevollmächtigten der Kläger wegen des Rückbaus der Terrasse durch die Kläger in Verzug gesetzt wurde, ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Ausgehend von dem Streitwert von 11.000,00 € (Beseitigungsanspruch 10.000,00 € sowie Wiederherstellungsanspruch 1.000,00 €), beträgt die Kostenquote 9 % zu Lasten der Kläger sowie 91 % zu Lasten der Beklagten.

Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit folgt in Bezug auf die Klägerin aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO sowie in Bezug auf die Beklagten aus § 709 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 11.000,00 € festgesetzt.

Gründe

In Anwendung von § 49a GKG hat das Gericht das Interesse der Parteien an dem Rückbau, bzw. dem Erhalt der Terrasse, mit 20.000,00 € bemessen. Dabei hat das Gericht insbesondere das Interesse der Kläger an dem Schutz ihrer Privatsphäre sowie etwaige Einbußen bei einer Wiederveräußerung der Wohnungen berücksichtigt, hierbei jedoch einen höheren Sicherheitsabschlag vorgenommen als die Kläger.

In Bezug auf den Wiederherstellungsanspruch hat das Gericht mangels konkreter Angaben eine Schätzung vorgenommen und das Interesse der Parteien mit 2.000,00 € bemessen.

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