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WEG – Anzeigepflicht des ausgeschiedenen Wohnungseigentümers über Eigentumswechsel

Streit um Hausgelder: Gerichtsurteil zur WEG-Anzeigepflicht

Das Gericht hat entschieden, dass die Beklagte als ehemalige Wohnungseigentümerin aufgrund nachwirkender Treuepflichten verpflichtet war, die Klägerin über den Eigentumswechsel zu informieren. Ihr Versäumnis, diese Änderung anzuzeigen, führte zur unrechtmäßigen Beitreibung von Hausgeldern, wofür sie nun finanziell aufkommen muss.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 91 C 1245/22 (78)  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Verurteilung der Beklagten: Die Beklagte muss 587,50 € zuzüglich Zinsen an die Klägerin zahlen.
  2. Eigentumswechsel: Die Beklagte übertrug ihr Eigentum an zwei Wohnungen auf ihren Ehegatten, ohne dies der Verwaltung zu melden.
  3. Ausstehende Hausgelder: Für die Wohnungen wurden ab September 2021 keine Hausgelder gezahlt, was zu erheblichen Rückständen führte.
  4. Fruchtlose Mahnung: Die Klägerin versuchte erfolglos, die ausstehenden Beträge von der Beklagten einzufordern.
  5. Nachwirkende Treuepflicht: Das Gericht stellte fest, dass nachwirkende Treuepflichten der Beklagten bestanden.
  6. Wissensvorsprung der Beklagten: Die Beklagte wusste um den Eigentumswechsel und hatte somit eine Informationspflicht gegenüber der Klägerin.
  7. Fehlende Beweise: Die Behauptung der Beklagten, sie habe den Eigentumswechsel mitgeteilt, konnte nicht bewiesen werden.
  8. Kausalität für Anwaltskosten: Das Unterlassen der Anzeige des Eigentumswechsels war direkt verantwortlich für die entstandenen Anwaltskosten.

Rechtsfragen im Wohnungseigentum: Anzeigepflichten und ihre Konsequenzen

Das Thema des Wohnungseigentums ist stets aktuell und birgt komplexe rechtliche Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf die Anzeigepflichten der Eigentümer. Die Frage, wie mit Eigentumswechseln umgegangen wird und welche Verpflichtungen ausgeschiedene Wohnungseigentümer haben, ist von großer Bedeutung. Dies betrifft sowohl die individuellen Rechte und Pflichten der Eigentümer als auch das Zusammenspiel innerhalb der Eigentümergemeinschaft.

In unserem heutigen Fokus steht ein spezifischer Aspekt dieses Themenfeldes: die Verantwortung des ausgeschiedenen Eigentümers, Änderungen im Eigentumsstatus zu melden, insbesondere in Bezug auf Hausgelder und die daraus entstehenden Verpflichtungen. Die Rolle der Treuepflicht in diesem Kontext ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung und wirft Fragen auf, die für alle Beteiligten von Interesse sind. Der folgende Beitrag beleuchtet ein konkretes Urteil, das wichtige Einblicke in diese Materie bietet und dessen Auswirkungen auf die Praxis des Wohnungseigentumsrechts aufzeigt. Begleiten Sie uns auf dieser Rechtsreise, um ein tieferes Verständnis für die Komplexität und die Konsequenzen dieser Pflichten zu erlangen.

WEG-Anzeigepflicht bei Eigentumswechsel: Ein Fall aus Wiesbaden

Im Fokus des Rechtsstreits vor dem Amtsgericht Wiesbaden stand die Frage der Anzeigepflicht eines ausgeschiedenen Wohnungseigentümers im Kontext des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG). Konkret ging es um eine Beklagte, die seit 2016 Sondereigentümerin zweier Eigentumswohnungen einer Wohnungseigentümergemeinschaft war. Diese Wohnungen übertrug sie später auf ihren Ehegatten, eine Transaktion, die offiziell am 03. August 2021 ins Grundbuch eingetragen wurde. Die zentrale Streitfrage drehte sich um die behauptete Unterlassung der Beklagten, der Verwalterin der Wohnanlage diesen Eigentumswechsel anzuzeigen.

Versäumte Hausgeldzahlungen und die daraus resultierenden rechtlichen Herausforderungen

Eine wesentliche Wendung in diesem Fall entstand durch ausbleibende Hausgeldzahlungen für die betreffenden Wohnungen ab September 2021. Für eines der Objekte belief sich der Rückstand auf 2.588,52 Euro, für das andere auf 1.513,20 Euro. Die Klägerin, repräsentiert durch ihre Verwalterin, mahnte die Beklagte fruchtlos und beauftragte später eine Prozessbevollmächtigte, die ausstehenden Hausgelder einzutreiben. Diese Aktionen basierten auf der Annahme, dass die Beklagte weiterhin die verantwortliche Partei für die Wohnungen war.

Rechtliche Einschätzung und Urteilsfindung des Gerichts

Das Gericht musste beurteilen, inwieweit die Beklagte verpflichtet war, die Klägerin über den Eigentumswechsel zu informieren. Dabei spielte die Treuepflicht im Rahmen des wohnungseigentumsrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses eine entscheidende Rolle. Das Gericht erkannte nachwirkende Treuepflichten der Beklagten an, insbesondere da die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigte Hausgeldrückstände geltend gemacht hatte, ohne von dem Eigentumswechsel zu wissen. Die Beklagte, die im Besitz dieser Informationen war, wurde somit als verpflichtet angesehen, die Klägerin über die Änderungen in Kenntnis zu setzen.

Verurteilung der Beklagten und die Begründung des Gerichts

Letztlich wurde die Beklagte vom Amtsgericht Wiesbaden zur Zahlung von 587,50 Euro nebst Verzugszinsen verurteilt. Das Gericht begründete sein Urteil mit dem Versäumnis der Beklagten, ihrer Anzeigepflicht nachzukommen, was kausal für die unrechtmäßige Beitreibung der Hausgelder war. Interessanterweise wurde die Behauptung der Beklagten, sie habe die Klägerin über den Eigentumswechsel informiert, vom Gericht mangels Beweisen verworfen. Die Entscheidung des Gerichts spiegelt die Bedeutung der Kommunikation und Transparenz in der Verwaltung von Wohnungseigentum wider und unterstreicht die rechtlichen Pflichten ausgeschiedener Eigentümer in einer Wohnungseigentümergemeinschaft.

Das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden in diesem Fall stellt somit einen wichtigen Bezugspunkt für die Handhabung von Informationspflichten und Verantwortlichkeiten im Kontext des Wohnungseigentumsrechts dar.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Welche rechtlichen Folgen hat ein nicht gemeldeter Eigentumswechsel für den ausgeschiedenen Eigentümer?

Ein nicht gemeldeter Eigentumswechsel kann verschiedene rechtliche Folgen für den ausgeschiedenen Eigentümer haben.

Zunächst einmal ist zu beachten, dass die Verpflichtungen des ausgeschiedenen Eigentümers, die vor dem Eigentümerwechsel entstanden sind, bestehen bleiben. Das bedeutet, wenn der ausgeschiedene Eigentümer beispielsweise seine Zahlungsverpflichtungen nach dem Wirtschaftsplan oder den Abrechnungen der Vorjahre nicht erfüllt hat, kann die Gemeinschaft gegen ihn die Zahlungsansprüche auch nach seinem Ausscheiden geltend machen.

Mit dem Eigentumswechsel verliert der bisherige Eigentümer seine Rechte als Mitglied der Gemeinschaft. Er ist zum Beispiel nicht mehr berechtigt, an einer Eigentümerversammlung bzw. an den Beschlussfassungen im Wege der Abstimmung teilzunehmen.

Darüber hinaus geht die vom Vorbesitzer abgeschlossene Wohngebäudeversicherung automatisch auf den neuen Eigentümer über. Der ausgeschiedene Eigentümer hat also keine Kontrolle mehr über die Gebäudeversicherung.

Ein nicht gemeldeter Eigentumswechsel kann auch zu Komplikationen mit dem Finanzamt führen. Der Notar ist verpflichtet, Immobiliengeschäfte innerhalb von zwei Wochen dem Finanzamt mitzuteilen, wenn dadurch Erbschaft-, Einkommen- oder Grunderwerbsteuer entsteht.

Schließlich kann ein nicht gemeldeter Eigentumswechsel auch zu Problemen mit dem Grundbuch führen. Das Grundbuch ist ein amtliches Register, das alle bebauten und unbebauten Grundstücke in Deutschland beinhaltet. Wenn der Eigentumswechsel nicht im Grundbuch eingetragen ist, kann dies zu rechtlichen Unklarheiten und möglichen Streitigkeiten führen.

Daher ist es für den ausgeschiedenen Eigentümer von großer Bedeutung, sicherzustellen, dass der Eigentumswechsel ordnungsgemäß gemeldet und im Grundbuch eingetragen wird.


Das vorliegende Urteil

AG Wiesbaden – Az.: 91 C 1245/22 (78) – Urteil vom 06.02.2023

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 587,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Prozent über dem Basiszinssatz ab dem 16.02.2022 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beklagte war seit 21.01.2016 Sondereigentümerin zweier Eigentumswohnungen der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese Objekte übertrug sie auf ihren Ehegatten. Der Eigentumswechsel wurde am 03.08.2021 in das Grundbuch eingetragen.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe der Verwalterin die Änderungen der Eigentumsverhältnisse nicht mitgeteilt.

Ab September 2021 wurden für die Objekte keine Hausgelder gezahlt. Für ein Objekt betrug der Rückstand 2.588,52 €, für das andere Objekt 1.513,20 €.

Die Klägerin mahnte durch ihre Verwalterin am 13.01.2022 die Beklagte wegen dieser Beträge fruchtlos.

Die Klägerin beauftragte ihre Prozessbevollmächtigte mit der Beitreibung der Hausgelder.

Mit Schreiben vom 28/30.01.2022 hatte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beklagte zur Zahlung des rückständigen Hausgeldes aufgefordert. Eine Zahlung erfolgt nicht.

In der Folge hatte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin Grundbuchauszüge eingeholt und festgestellt, dass die oben erwähnte Eigentumsübertragung stattgefunden hatte.

Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat der Beklagten mit Schreiben vom 10.03.2022 mitgeteilt, dass die Hausgeldrückstände nicht zu zahlen seien und hat die Beklagte allerdings zur Zahlung der durch die anwaltlichen Schreiben vom 28.01.2022 und 30.01.2022 entstandenen Anwaltskosten aufgefordert. Die Beklagte zahlte allerdings nicht.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 587,50 zu zahlen nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 16.02.2022 und weitere Kosten in Höhe von 10,00 € nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins ab 16.02.2022.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, sie habe unmittelbar nach dem 12.08.2021 der Klägerin eine Abschrift der Grundbuchnachricht über den Eigentumswechsel übermittelt.

Darüber hinaus ist sie der Auffassung, dass allenfalls der neue Eigentümer verpflichtet sei einen Eigentumswechsel anzuzeigen, eine derartige Pflicht treffe jedenfalls nicht die Beklagte als ehemalige Eigentümerin.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist im tenorierten Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.

Die Beklagte ist verpflichtet an die Klägerin 587,50 € nebst Zinsen in tenorierter Höhe zu zahlen.

Die Beklagte war aufgrund der sich aus dem wohnungseigentümerrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis ergebenden Treuepflichten verpflichtet, die Klägerin über ihr Ausscheiden aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu informieren.

Die Treuepflicht dauert zwar grundsätzlich nur bis zum Ausscheiden des Wohnungseigentümers aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Allerdings kommen darüber hinaus auch noch nachwirkende Treuepflichten in Betracht. Wann diese eingreifen, ist eine Frage des Einzelfalls. Im hier zu entscheidenden Fall bestehen derartige Treuepflichten, da die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 13.01.2022 zur Zahlung rückständigen Hausgeldes aufgefordert hat. Die Beklagte hatte gegenüber der Klägerin hinsichtlich des Eigentumswechsels einen Wissensvorsprung und wusste aufgrund der Geltendmachung von Hausgeldrückständen ihr gegenüber, dass die Klägerin über diese Kenntnis nicht verfügte. Unter diesen Umständen war es der Beklagten ohne Weiteres zuzumuten die Klägerin über den Eigentumswechsel in Kenntnis zu setzen. Dieser Verpflichtung steht auch nicht die Pflicht des Erwerbers, der Klägerin seinen Eigentumserwerb anzuzeigen (hierzu vgl. LG Köln, Urteil vom 4. April 2019 – 29 S 189/18-, juris), entgegen, denn die Beklagte konnte auf Grund der Anforderung der Hausgelder erkennen, dass der Erwerber dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist.

Soweit die Beklagte behauptet, dass sie den Eigentumswechsel der Klägerin angezeigt hat, hat sie trotz Hinweis des Gerichtes im Beschluss vom 21.10.2022 hierfür keinen Beweis angeboten.

Das Unterlassen der Anzeige des Eigentumswechsels war kausal für die Beitreibungsschreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 28/30.01.2022. Hätte die Beklagte die Klägerin über den Eigentumswechsel informiert, hätte die Klägerin ihre Prozessbevollmächtigte nicht mit der Beitreibung des rückständigen Hausgeldes beauftragt, mit der Folge, dass insoweit keine Anwaltskosten angefallen wären.

Soweit die Klägerin über die Erstattung der angefallenen Anwaltskosten hinaus weitere 10,- € geltend macht, fehlt es an einem schlüssigen Vortrag, so dass die Klage insoweit abzuweisen war.

Die zugesprochenen Zinsen sind aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Die Zulassung der Berufung beruht auf § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

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