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WEG – Mehrheitsbeschluss über die Änderung der Hausordnung

LG Hamburg, Az.: 318 S 125/14, Urteil vom 15.04.2015

1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 25.08.2014, Az.: 11 C 18/14, wie folgt abgeändert:

Die in der Eigentümerversammlung vom 12.03.2014 zu den Tagesordnungspunkten TOP 3 (Verstöße gegen die Hausordnung) und TOP 4 (Vergabe von Sanierungsaufträgen über EUR 2.000,00) gefassten Beschlüsse werden für ungültig erklärt.

2. Die Beklagten haben die Kosten der 1. Instanz und des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 5.000,00 festgesetzt.

Gründe

Die Kläger verfolgen ihr erstinstanzliches Begehren, die in der Eigentümersammlung vom 12.03.2014 zu den Tagesordnungspunkten TOP 3 (Verstöße gegen die Hausordnung) sowie zu TOP 4 (Vergabe von Sanierungsaufträgen über EUR 2.000,00) gefassten Mehrheitsbeschlüsse für ungültig zu erklären, hilfsweise deren Nichtigkeit festzustellen, in der Berufung weiter.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO).

WEG - Mehrheitsbeschluss über die Änderung der Hausordnung
Symbolfoto: Von Bokic Bojan /Shutterstock.com

Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 25.08.2014 abgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, die angefochtenen Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten TOP 3 und TOP 4 seien formell und inhaltlich nicht zu beanstanden. Sie entsprächen ordnungsgemäßer Verwaltung i.S.v. § 21 Abs. 4 WEG. Der TOP 3 beinhaltete eine hinreichend bestimmte Sanktionsregelung. Die Eigentümerversammlung könne ein Verfahren zur Durchsetzung der Hausordnung als „gebundene Anweisung“ aufgeben. Die WEG-Verwaltung solle als Ausführungsorgan im Rahmen ihrer Ausführungspflicht nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG erst abmahnen und bei einem erneuten Verstoß einen Rechtsanwalt zur gerichtlichen Durchsetzung beauftragen können, wobei der Begriff „Bußgeld“ richtigerweise als Ordnungsgeld auszulegen sei. Die Höhe des Ordnungsgeldes in einem Verfahren nach § 890 ZPO sei nur eine Anregung an das Gericht. Der Gemeinschaft sei nicht zuzumuten, über jeden einzelnen Verstoß gegen die Hausordnung erst in einer Versammlung zu beschließen.

Der zu dem TOP 4 gefasste Beschluss entspreche ebenfalls ordnungsgemäßer Verwaltung, da er die Eckpunkte einer sinnvollen Kostenkontroll- und Sanierungsumfangsrechtsprechung wiedergebe. Die Eigentümergemeinschaft habe bei Verfahren von Sanierungsmaßnahmen einen weiten Ermessenspielraum. Bei größeren Sanierungsvorhaben sei die Einholung von Vergleichsangeboten auch sinnvoll. Die Übertragung von Auswahlkompetenzen auf den Beirat, die hier ausgeschlossen werde, werde teilweise sogar explizit abgelehnt. Zudem genüge die Ankündigung in der Einladung den Anforderungen des § 23 Abs. 2 WEG. Die Eigentümer hätten keinen Anspruch darauf, dass angekündigte Anträge wortgleich in der Versammlung gestellt und rechtswidrige „Nichtverkündungs-Ankündigungen“ der WEG-Verwaltung bei Abänderung der angekündigten Anträge dennoch umgesetzt würden. Vorliegend sei mit der Größenordnung der Sanierungsvorhaben über 2.000,00 € eine sinnvolle Abgrenzung zu Kleinaufträgen gewählt worden, bei denen unter Umständen die Einholung von drei Vergleichsangeboten überobligatorisch sei. Jedenfalls halte sich die Abgrenzung innerhalb des Ermessenspielraums der Gemeinschaft. Im Übrigen stehe es den Mehrheitseigentümern grundsätzlich frei, wie sie von ihrem Stimmrecht Gebrauch machten. Ein Hinwegsetzen über gesetzliche Regelungen oder gar ein Rechtsmissbrauch sei nicht ersichtlich.

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 27.08.2014 zugestellte Urteil vom 25.08.2014 haben die Kläger mit einem bei Gericht am 29.09.2014 (einem Montag) eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und sogleich begründet.

Die Kläger sind der Ansicht, der Mehrheitsbeschluss zu TOP 3 widerspreche ordnungsgemäßer Verwaltung, weil er als Generalermächtigung zu unbestimmt und deswegen unverhältnismäßig sei. Der Beschluss lasse keine Ausnahmen zu und knüpfe an keine konkrete Verletzung von Bestimmungen der Hausordnung bzw. Zuwiderhandlung an. Auch das Verfahren bei Verstößen gegen die Hausordnung sei unverhältnismäßig und ermessensfehlerhaft, da der Beschluss direkt nach der Abmahnung der Eigentümer durch den Verwalter die Erhebung einer gerichtlichen Unterlassungsklage und eine Bußgeldfestsetzung vorsehe. Im Übrigen habe das Amtsgericht verkannt, dass die Beklagten mit diesem Beschluss die Wohnungseigentümergemeinschaft „vor den Karren“ spannten, um das Prozesskostenrisiko nicht persönlich eingehen zu müssen. Streitige Verstöße gegen die Hausordnung seien von der Darlegungs- und Beweislast stets schwierig und komplex. Zur Bekämpfung von Verstößen gegen die Hausordnung stehe den Beklagten grundsätzlich ein individueller Abwehranspruch zu, der aber durch den Beschluss gesperrt sei. Es widerspreche ordnungsgemäßer Verwaltung, den Verband nur angesichts der zweifelhaften und möglicherweise unwirksamen Stimmrechtsregelung des § 12 Abs. 2 der Teilungserklärung als Kostenträger einzusetzen.

Hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 4 sind die Kläger der Auffassung, es überzeuge nicht, dass das Amtsgericht in der Festlegung von Aufträgen über EUR 2.000,00 eine sinnvolle Abgrenzung zu Kleinaufträgen sehe. Es könne nicht als überobligatorisch eingeschätzt werden, dass für Maßnahmen unter EUR 2.000,00 netto drei Vergleichsangebote eingeholt werden sollten. Im Übrigen sei anerkannt, dass eine Delegation von Entscheidungsbefugnissen auf Verwalter und/oder Beirat zulässig sei, sofern die Eigentümerversammlung die Eckpunkte für die Entscheidung den betreffenden Gremien vorgebe. Überdies hätten sie auch einen formellen Beschlussmangel (Einladungsfehler) gerügt. Im Regelfall erscheine der Beklagte zu 2) nicht in Eigentümerversammlungen. In der streitgegenständlichen Versammlung sei er der einzige erschienene Eigentümer gewesen. Hätten sie gewusst, dass der Verwalter entgegen seiner Ankündigung in der Versammlung einen positiven Mehrheitsbeschluss verkünden würde, hätten sie Kontakt zum Beklagten zu 2) aufgenommen, um den Beschluss jedenfalls nicht in dieser Form fassen zu lassen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte zu 2) auf ihre Argumente eingegangen wäre. Im Übrigen sind die Kläger der Ansicht, der Beschluss zu TOP 4 sei nichtig, da er sich seinem Inhalt nach nicht auf einen Einzelfall beschränke, sondern in generell-abstrakter Weise vorschreibe, wie bei künftigen Sanierungen verfahren werden solle.

Die Kläger beantragen, das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 25.08.2014, Az.: 11 C 18/14, abzuändern und der Klage antragsgemäß stattzugeben.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Nach Auffassung der Beklagten entsprechen die Beschlüsse zu TOP 3 und 4 ordnungsgemäßer Verwaltung. TOP 3 sei hinreichend bestimmt und auch verhältnismäßig. Es sei sinnvoll und zweckmäßig, auf der Eigentümerversammlung mehrheitlich über die Sanktionierung von Verstößen gegen die Hausordnung zu beschließen. Die Eigentümergemeinschaft sei frei in ihrer Entscheidung darüber, auf welchem Wege sie Verstöße gegen die Hausordnung sanktioniere. Eine angebliche Sperrwirkung in Bezug auf die individuelle Rechtsverfolgung des einzelnen Wohnungseigentümers sei nicht ersichtlich.

Hinsichtlich des TOP 4 sind die Beklagten der Auffassung, der Beschluss stelle keinen Eingriff in die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft dar. Denn diese solle gerade auf Grundlage der eingeholten Vergleichsangebote beschließen. Ob der angesetzte Schwellenwert von EUR 2.000,00 angemessen sei oder nicht, sei nicht entscheidungserheblich. Eine fehlerhafte Ermessensausübung liege jedenfalls nicht vor. Letztlich sei auch kein formeller Beschlussmangel ersichtlich. Er der Beklagte zu 2) – hätte sich von den Klägern nicht umstimmen lassen. Der angegriffene Beschluss beziehe sich auf vorbereitende Maßnahmen im Zusammenhang mit Sanierungsaufträgen. Im Einklang mit § 27 Abs. 1 S.1 WEG werde lediglich das „Wie“ des vorbereitenden Beschlusses vorgegeben.

Zur Ergänzung des Vortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Kläger ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, und hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen. Die auf der Eigentümerversammlung vom 12.03.2014 gefassten Mehrheitsbeschlüsse zu den Tagesordnungspunkten TOP 3 und 4 sind für ungültig zu erklären.

1.) Der Beschluss zu TOP 3 widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Die in dem Beschluss zu TOP 3 getroffenen Regelungen sind nicht hinreichend bestimmt.

Gemäß § 21 Abs. 4 WEG kann jeder Wohnungseigentümer eine Verwaltung verlangen, die den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit solche nicht bestehen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung gehört gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 1 WEG die Aufstellung einer Hausordnung, für deren Durchführung der Verwalter gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG gegenüber den Wohnungseigentümern und gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet ist. Eine durch Mehrheitsbeschluss aufgestellte Hausordnung kann jederzeit durch Stimmenmehrheit abgeändert werden (Vandenhouten in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl., § 21, Rn. 55). Die mehrheitlich beschlossene Hausordnung darf nur solche Regeln enthalten, die der ordnungsgemäßen Verwaltung gemäß § 21 Abs. 3 WEG dienen. Den Wohnungseigentümern steht ein Ermessensspielraum zu, was die Notwendigkeit und die Zweckmäßigkeit einer Regelung angeht (Vandenhouten in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a.a.O., § 21, Rn. 58). Sanktionierungen von Hausordnungsverstößen entsprechen indes nur ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Voraussetzungen für den Eintritt dieser Folge so hinreichend bestimmt sind, dass Willkür und Ungleichbehandlung ausgeschlossen werden (Drabek in: Riecke/Schmid, Fachanwaltskommentar Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl., § 21, Rn. 168).

Ob die Wohnungseigentümer über die Sanktionierung eines Verstoßes gegen die Hausordnung überhaupt wirksam per Mehrheitsbeschluss beschließen konnten oder ob hierüber eine Vereinbarung getroffen werden muss (vgl. Jennißen/Suilmann, Wohnungseigentumsgesetz, 3. Aufl., § 21, Rn. 16), kann im Ergebnis dahinstehen. Denn nach den o.g. Grundsätzen entsprechen die in dem Mehrheitsbeschluss zu TOP 3 getroffenen Regelungen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Zutreffend wenden die Kläger ein, die per Beschluss getroffenen Regelungen seien inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, weil sie lediglich eine allgemeingültige Sanktionierung von Verstößen ohne Benennung konkreter Zuwiderhandlungen vorsehen. Eine solche Regelung ist nicht hinreichend bestimmt, weil sie dem Wortlaut nach jegliche Verstöße gegen die Hausordnung umfasst. Der Regelungsgehalt des Beschlusses ist insoweit zu weitreichend.

Zu Recht führen die Kläger an, die Regelung verstoße gegen die Grundsätze ordnungsgemäße Verwaltung, weil diese an keine konkrete Verletzungshandlung anknüpfe. Ob im Einzelfall überhaupt eine Zuwiderhandlung vorliegt, wird nicht klar und eindeutig anhand des Beschlusses feststellbar sein. Die insoweit vorgesehene generelle Sanktionierung von jeglichen Verstößen gegen die in maßgebliche Hausordnung vom 31.05.2007 (Anl. K4, Bl. 121 d.A.) vermag Streitigkeiten über das Vorliegen von Verstößen im Einzelfall nicht zu verhindern. Im Ergebnis geht der Beschluss zu TOP 3 – in finanzieller Hinsicht – zu Lasten der Gemeinschaft. Zu Recht tragen die Kläger in diesem Zusammenhang vor, dass durch die getroffene Sanktionsregelung die individuellen Abwehransprüche gesperrt sind (BGH, Urt. v. 05.12.2014, V ZR 5/14; OLG Hamm, ZMR 2010, 389, Wenzel, NZM 2008, 74). Soweit das Verhalten eines Wohnungseigentümers gegen die Hausordnung verstößt, steht dem einzelnen Wohnungseigentümer nicht mehr die selbständige Geltendmachung von Abwehransprüchen zu, sondern die Gemeinschaft hat sich dem angenommen („gekorene Ausübungsbefugnis“). Der Beschluss zu TOP 3 vergemeinschaftet die Verfolgung von individuellen Abwehransprüchen, obwohl die Voraussetzungen für das Vorliegen von Verstößen gegen die Hausordnung im Einzelfall nicht klar geregelt sind. Das Prozessrisiko im Fall des Nichtvorliegens einer Zuwiderhandlung gegen die Hausordnung wird hierdurch auf die Gemeinschaft verlagert. Sofern gemäß dem Wortlaut des TOP 3 in einem sogleich nach der „letzten Abmahnung“ sich anschließenden gerichtlichen Verfahren Streit über das konkrete Vorliegen einer Zuwiderhandlung gegen die Hausordnung bestünde, wären sämtliche Wohnungseigentümer kostenmäßig beteiligt. Diese im Beschluss zu TOP 3 getroffene generelle Vorgehensweise bei Verstößen gegen die Hausordnung widerspricht insoweit auch unter dem Gesichtspunkt der Kostentragung einer ordnungsgemäßer Verwaltung.

Ob darüber hinaus die Stimmrechtsregelung des § 12 Abs. 2 der Teilungserklärung zu einer unzulässigen Majorisierung führt, muss im Ergebnis wegen der bereits vorliegenden mangelnden Bestimmtheit des Beschlusses nicht mehr entschieden werden.

2.) Der Beschluss zu TOP 4 war ebenfalls für ungültig zu erklären. Dieser ist bereits in formeller Hinsicht unwirksam.

Nach § 23 Abs. 2 WEG ist zur Gültigkeit eines Beschlusses erforderlich, dass der Gegenstand der Angelegenheit, über die Wohnungseigentümer in einer Wohnungseigentümerversammlung per Beschluss entscheiden können, bei der Einberufung bezeichnet ist. Die Vorschrift dient in erster Linie dem Schutz vor Überraschungen sowie der Möglichkeit der sachgerechten Vorbereitung und Entscheidung für den einzelnen Eigentümer, ob seine Teilnahme an der jeweiligen Eigentümerversammlung veranlasst ist oder nicht (LG Karlsruhe, ZWE 2010, 377 ff.). Es genügt nach ständiger Rechtsprechung eine schlagwortartige Bezeichnung des Beschlussgegenstandes (BayObLG, NJW-RR 1992, 403, 404; NZM 2004, 386, 387; OLG Düsseldorf, ZMR 2005, 895, 896). Die Wohnungseigentümer sollen die Möglichkeit haben, sich bereits anhand der Tagesordnung auf die Beratung und Beschlussfassung sämtlicher anstehender Punkte vorzubereiten, um sich zu entscheiden, ob sie wegen eines bestimmten Punktes an der Eigentümerversammlung teilnehmen oder nicht (Jennißen/Elzer, a.a.O., § 23, Rn. 62). Dabei müssen die Wohnungseigentümer zwar im Regelfall bei jedem Tagesordnungspunkt damit rechnen, dass Beschlüsse gefasst werden (BayObLG 2Z BR 261/03, ZMR 2005, 460). Im vorliegenden Fall hatte jedoch die Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft den Wohnungseigentümern im Einladungsschreiben vom 21.02.2014 zur außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 12.03.2014 – in der der Tagesordnungspunkt TOP 4 mehrheitlich beschlossen wurde – mitgeteilt, dass sie eine Beschlussfassung aus den zuvor genannten Punkten für nichtig hielte und insofern hierzu keinen Beschluss verkünden werde (Anl. K 3, Bl. 19 R d.A.). Angesichts dessen mussten die Wohnungseigentümer nicht damit rechnen, dass ein Beschluss zu diesem Tagesordnungspunkt auch tatsächlich gefasst würde. Ob diese Ankündigung der Verwalterin, keinen Beschluss zu verkünden, möglicherweise rechtswidrig war, kann dahinstehen. Die Kläger mussten nicht prüfen und beurteilen, ob diese Ankündigung der „Nichtverkündung“ gegen geltendes Wohnungseigentumsrecht verstieß und die Verwalterin hierdurch möglicherweise ihre Befugnisse überschritt. Zur Begründung der formellen Unwirksamkeit des Beschlusses zu TOP 4 genügt es bereits, dass die Verwaltung angekündigt hatte, diesbezüglich keinen Beschluss verkünden zu wollen. Sofern ein Wohnungseigentümer aufgrund dieser Erklärung der Verwaltung der Eigentümerversammlung fern geblieben ist, konnte und musste er nicht damit rechnen, dass sodann gleichwohl zu TOP 4 ein Beschluss gefasst und verkündet würde. Dies war für die Kläger überraschend. Die Wohnungseigentümer durften auf die Ankündigung der Verwalterin vertrauen.

Zudem wenden die Kläger ein, sie wären persönlich in der Eigentümerversammlung erschienen und hätten mit dem Beklagten zu 2) zuvor Kontakt aufgenommen, um einen solchen Beschluss zu verhindern, wenn sie gewusst hätten, dass entgegen der Ankündigung der Verwaltung doch hierüber beschlossen werden sollte. Der Einwand des Beklagten 2), der Beschluss wäre sowieso aufgrund der bestehenden Mehrheitsverhältnisse gefasst worden, weil er sich nicht von den Klägern hätte umstimmen lassen und nicht auf ihre Argumente eingegangen wäre, greift nicht durch, denn dies steht nicht zur Überzeugung der Kammer fest. Der Beklagte zu 2) vermag vorliegend die Kausalitätsvermutung, für deren Widerlegung er beweisbelastet ist, nicht zu erschüttern. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass der Beklagte zu 2) sich von den Klägern in der Eigentümerversammlung hätte umstimmen lassen und der streitgegenständliche Beschluss zu TOP 4 nicht gefasst worden wäre. Hierfür spricht schon die Tatsache, dass dieser Beschluss in der Eigentümerversammlung abweichend von dem ursprünglichen Antrag der Beklagten vom 31.01.2014, wonach die Auftragsvergabe und Abnahme durch den Mehrheitseigentümer erfolgen sollte, gefasst wurde. Denn der Beschluss zu TOP 4 bestimmt, dass die zu beauftragende Firma über eine Beschlussfassung benannt wird. Der Beklagte zu 2) hat insoweit trotz der bestehenden Mehrheitsverhältnisse einen anderen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft erwirkt, als er ursprünglich beantragt hatte. Er ist in der Sache also schon selbst von seinem Antrag abgewichen und hat Zugeständnisse in der Formulierung des Beschlusses gemacht.

Ob die im Beschluss zu TOP 4 getroffenen Regelungen darüber hinaus auch in materieller Hinsicht unwirksam oder gar nichtig waren, muss im Ergebnis nicht mehr entschieden werden.

3.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

4.) Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, weil die Kammer die Revision gegen dieses Urteil nicht zulässt und die Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde gesetzlich ausgeschlossen ist (§ 62 Abs. 2 WEG).

5.) Die Revision wird nicht zugelassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

6.) Der Streitwert für das Berufungsverfahren in Höhe von EUR 5.000,00 setzt sich wie folgt zusammen:

Antrag zu 1 (TOP 3) EUR 1.000,00

Antrag zu 2 (TOP 4) EUR 4.000,00.

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