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WEG – Negativbeschlussanfechtung inkl. Verpflichtungsbegehren

KG, Az.: 24 W 20/19, Beschluss vom 17.04.2019

In der Wohnungseigentumssache hat der 24. Zivilsenat am 17. April 2019 b e s c h l o s s e n:

I. Die Beschwerde der Kläger gegen den Streitwertbeschluss des Landgerichts Berlin vom 22. Januar 2019 – 53 S 2/18 – wird zurückgewiesen.

II. Kosten werden nicht erstattet.

III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Die Kläger wenden sich mit ihrer Anfechtungsklage gegen zwei Negativbeschlüsse. Zugleich stellen sie zwei Beschlussersetzungsanträge.

Gegenstand des ersten Negativbeschlusses zum Tagesordnungspunkt (TOP) 8 ist ein Beschlussantrag, namens der Wohnungseigentümergemeinschaft ### einen Statiker mit der Prüfung eines Dachstuhls bei voraussichtlichen Kosten von maximal 4.000,00 EUR zu beauftragen und hierfür eine Sonderumlage in Höhe von 4.000,00 EUR zu beschließen. Gegenstand des zweiten Negativbeschlusses zu TOP 10 ist der Beschlussantrag, das durch die Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums zerstörte Sondereigentum der Kläger instand zu setzen, wobei von geschätzten Kosten bis zu 50.000,00 EUR ausgegangen wird. Hierfür soll eine Sonderumlage in Höhe von 50.000,00 EUR erhoben werden. Gegenstand des ersten Beschlussersetzungsantrages ist die Anordnung von Maßnahmen zur statischen Überprüfung und Instandsetzung der Dachkonstruktion, Gegenstand des zweiten die Wiederherstellung des für die Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums in Anspruch genommenen Sondereigentums der Kläger.

Mit Beschluss vom 22. Januar 2019 hat das Landgericht für alle Anträge und ohne nähere Unterscheidung einen Gesamtstreitwert von 53.000,00 EUR festgesetzt. Gegen diesen ihnen am 31. Januar 2019 zugestelltem Beschluss haben die Kläger mit beim Landgericht am 1. März 2019 eingegangenem Schriftsatz vom 1. März 2019 Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, den Streitwert auf 26.865,00 EUR festzusetzen.

Für den Negativbeschluss zu TOP 8 sei gemäß § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG ein Wert von 1.990,00 EUR anzusetzen (= 4.000,00 [Höhe der Sonderumlage] x 995/10.000 [Größe des Miteigentumsanteils der Kläger] x 5), für den Negativbeschluss zu TOP 10 hingegen ein Wert von 24.875,00 EUR (= 50.000,00 [Höhe der Sonderumlage] x 995/10.000 [Größe des Miteigentumsanteils der Kläger] x 5). Für die Beschlussersetzungsanträge wird kein Wert benannt.

Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 5. April 2019 nicht abgeholfen. Gegenstand des in der Berufung gestellten Anfechtungs- und Beschlussantrages sei die Wiederherstellung des Sondereigentums der Kläger zu geschätzten Kosten in Höhe von 50.000,00 EUR sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu geschätzten Kosten in Höhe von 3.000,00 EUR gewesen. Für die Wiederherstellung des Sondereigentums sei das Interesse der Kläger mit 50.000,00 EUR anzusetzen, das gemäß § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG nicht unterschritten werden dürfe. Der Streitwert orientiere sich insoweit nicht an einer etwaigen anteiligen Kostenbelastung der Kläger, da diese die vollständige Wiederherstellung ihres Sondereigentums auf Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer begehrten. Ob für die Einholung eines Sachverständigengutachtens ein anderer Wert anzusetzen sei, könne dahinstehen. Selbst wenn man den Streitwert mit den Klägern insoweit auf einen Wert von 1.990,00 EUR herabsetzen würde, käme es dadurch zu keinem Gebührensprung.

B.

Die statthafte (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG) und zulässige Beschwerde (§§ 68 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 und Satz 5, 63 Abs. 3 Satz 2, 66 GKG) – über die der Einzelrichter zu entscheiden hat (§§ 68 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1, 63 Abs. 3 Satz 6, 66 Abs. 6 Satz 1 GKG) – ist unbegründet.

I.

Zu betrachten sind insgesamt vier Anträge. Wird indes ein Negativbeschluss angefochten und gleichzeitig die Verpflichtung zur Vornahme der abgelehnten Maßnahme verlangt, handelt es sich um eine wirtschaftliche Identität, die eine Zusammenrechnung der Streitwerte für die beiden Anträge nicht rechtfertigt und jeweils eine einheitliche Betrachtung von TOP 8 und TOP 10 mit dem jeweiligen Beschlussersetzungsantrag erfordert (ganz herrschende Meinung, siehe nur OLG Celle, Beschluss vom 14. Januar 2010 – 4 W 10/10, ZWE 2010, 190; LG Hamburg, Beschluss vom 13. Juni 2013 – 318 T 17/13, BeckRS 2014, 10235; MüKoBGB/Engelhardt, WEG, 7. Auflage 2017, § 43 Rn. 43; Beck’sche Online-Formulare Prozess/Ott, 01.01.2019, 15.4.13 Rn. 13; BeckOK Streitwert/Mayer, 01.01.2018, § 49a GKG Rn. 13; Mayer/Kroiß/Rohn, RVG, 7. Auflage 2018, Anhang I VI. Streitwerte bei Miet-, Pacht- und ähnlichen Nutzungsverhältnissen und in WEG-Sachen, Rn. 84; Hügel/Elzer, WEG, 2. Auflage 2018, Nach § 50 Rn. 13 „Negativbeschluss“; BeckOK WEG/Elzer, 01.02.2019, § 43 Rn. 224 „Negativbeschluss“; anderer Ansicht Bergerhoff, in: Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums 7. Auflage 2017, § 81 Rn. 18 Fn. 13).

II.

Der Streitwert für den Negativbeschluss zu TOP 8 bzw. den mit diesem korrespondierenden Beschlussersetzungsantrag ist auf 4.000,00 EUR festzusetzen.

1. Der Streitwert hat gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG einen Wert von 4.402,00 EUR (3.602,00 + 800).

a) Gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG ist der Streitwert auf 50 Prozent des Interesses der Parteien an der Entscheidung festzusetzen. Das Interesse der beklagten Wohnungseigentümer besteht darin, die Kosten für die Beauftragung des Sachverständigen nicht tragen und keine Sonderumlage aufbringen zu müssen und ist anhand der Angaben der Kläger mit 3.602,00 EUR anzusetzen (90,05 % von 4.000,00 EUR).

b) Das Interesse der Kläger besteht hingegen – wie vom Landgericht ausgeführt – nicht darin, sich nicht oder in anderer Höhe an den Kosten für die Beauftragung des Sachverständigen beteiligen zu müssen, sondern darin, abzuklären, ob der Dachstuhl der Wohnungseigentumsanlage einen Gebrauch und eine Nutzung der in ihrem Eigentum stehenden Räume zu Wohnzwecken erlaubt. Welchen Wert dieses Interesse hat, teilen die Kläger freilich nicht mit. In Ermangelung irgendwelcher Angaben schätzt der Senat (Einzelrichter) dieses Interesse auf 800,00 EUR.

2. Der nach der Bestimmung des § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG ermittelte Streitwert ist im Fall anhand der § 49a Abs. 1 Satz 2, Satz 3 GKG auf einen Wert von 4.000,00 EUR zu reduzieren. Nach der Bestimmung des § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG darf der Streitwert das Interesse der Kläger an der Entscheidung nicht unterschreiten. Setzt man die Werte von 800,00 EUR und von 4.402,00 EUR miteinander in Beziehung, ist dies erkennbar nicht der Fall. Nach der Bestimmung des § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG darf der Streitwert indes das Fünffache des Wertes des Interesses der Kläger und also 4.000,00 EUR (5 x 800 EUR) nicht überschreiten. Nach der Bestimmung des § 49a Abs. 1 Satz 3 GKG darf der Streitwert den Verkehrswert des Wohnungseigentums der Klägers schließlich nicht übersteigen; hierfür ist aber auch nichts erkennbar.

III.

Der Streitwert für den Negativbeschluss zu TOP 10 bzw. den mit diesem korrespondierenden Beschlussersetzungsantrag ist auf 50.000,00 EUR festzusetzen.

1. Der Streitwert hat gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG einen Wert von 55.025,00 EUR (45.025,00 + 10.000).

a) Gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG ist der Streitwert auf 50 Prozent des Interesses der Parteien an der Entscheidung festzusetzen. Das Interesse der beklagten Wohnungseigentümer besteht darin, die Kosten für die Instandsetzung des Sondereigentums nicht tragen und keine Sonderumlage aufbringen zu müssen und ist – ausgehend von den Behauptungen der Kläger – mit 45.025,00 EUR anzusetzen (90,05 % von 50.000,00 EUR).

b) Das Interesse der Kläger besteht hingegen – wie vom Landgericht ausgeführt – nicht darin, sich nicht oder in anderer Höhe an den Kosten für Instandsetzung ihres Sondereigentums beteiligen zu müssen, sondern darin, dass ihr durch Instandsetzungsarbeiten in Mitleidenschaft gezogenes Sondereigentum repariert wird (eine Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums wird nicht verlangt). Das Interesse an einer „Instandsetzung“ (mit diesem Antrag wird übersehen, dass § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG nur einen Aufopferungsanspruch gibt; etwas anderes gilt für den behaupteten Anspruch aus §§ 280 Abs. 1 Satz 1, 249 ff. BGB, dessen Voraussetzungen allerdings nicht schlüssig dargelegt sind) entspricht zum einen in den dafür aufzuwendenden Kosten. Zum anderen ist das Interesse an den Schäden auszurichten, die kausal mit der Verzögerung des Bezugs des Wohnungseigentums Nummer 9 verbunden sind. Diese Kosten und Schäden haben die Kläger mit ihrem Schriftsatz vom 13. April 2017, dort Seite 16, Blatt 35 Band I der Akte, mit einem Wert von insgesamt 90.000,00 EUR angegeben. Im Beschlussantrag der Kläger zu TOP 10 wird hingegen von einem Wert „bis zu 50.000,00 EUR“ ausgegangen. Weder der eine noch der andere Wert sind allerdings in irgendeiner Weise nachvollziehbar. Wie auch vom Landgericht in seinem Urteil (Urteilsabschrift Seite 6 unten) zu Recht bemängelt, werden beide Beträge von den Klägern nicht ansatzweise dargelegt. In Ermangelung etwaiger Angaben schätzt der Senat (Einzelrichter) das Interesse der Kläger daher mit einem Betrag von nur 10.000,00 EUR.

2. Der nach der Bestimmung des § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG ermittelte Streitwert ist im Fall anhand der § 49a Abs. 1 Satz 2, Satz 3 GKG auf einen Wert von 50.000,00 EUR zu reduzieren. Nach der Bestimmung des § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG darf der Streitwert das Interesse der Kläger an der Entscheidung nicht unterschreiten. Setzt man die Werte von 10.000,00 EUR und von 55.025,00 EUR miteinander in Beziehung, ist dies erkennbar nicht der Fall. Nach der Bestimmung des § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG darf der Streitwert indes das Fünffache des Wertes des Interesses der Kläger und also 50.000,00 EUR (5 x 10.000,00 EUR) nicht überschreiten. Nach der Bestimmung des § 49a Abs. 1 Satz 3 GKG darf der Streitwert den Verkehrswert des Wohnungseigentums der Klägers schließlich nicht übersteigen; hierfür ist aber auch nichts erkennbar.

IV.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren ist nach dem Vorstehenden auf einen Wert von insgesamt 54.000,00 EUR festzusetzen. Ungeachtet dessen musste der vom Landgericht festgesetzte Streitwert von 53.000,00 EUR nicht korrigiert werden, durch die Gebühren ohnehin nach einem Streitwert von bis zu 65.000,00 EUR festzusetzen sind und sich eine Korrektur nicht auswirkte.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 8 Satz 2 GKG. Eine weitere Beschwerde oder Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof findet nicht statt (§ 68 Abs. 1 Satz 5 GKG in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 GKG). Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei (§ 66 Abs. 8 Satz 1 GKG).

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