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WEG – Nutzung eines Kellers als SM-Studio unzulässig?

AG Berlin-Mitte, Az.: 29 C 31/13, Urteil vom 13.05.2014

1. Der Beklagte wird verurteilt, die erforderlichen und notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die Nutzung der Teileinheit 30 (Keller, Vorderhaus) des Hauses … als Sadomaso-Studio zu beenden.

2. Dem Beklagten wird angedroht, dass in jedem Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung zu Ziffer 1 des Tenors ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000 EUR oder Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten Dauer festgesetzt wird.

3. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 402,82 EUR freizustellen.

4. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wegen der Verpflichtung zu Ziffer 1) des Tenors aber nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000 EUR, im übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft … . Der Beklagte ist Eigentümer der Teileigentumseinheit, zu der die in der Teilungserklärung mit der Nummer 30 bezeichneten Kellerräume gehören. Diese wurden von dem Beklagten zu gewerblichen Zwecken vermietet. Auf der Eigentümerversammlung vom 22. November 2012 wurde zum Tagesordnungspunkt 3 bestandskräftig beschlossen, „dass eine Bordellnutzung bzw. eine Nutzung als SM-Studio nicht gewünscht und untersagt wird. Dem Eigentümer der Teileinheit 30 wird eine Frist bis zum 30. November 2012 gesetzt, der Verwaltung nachzuweisen, dass dem Mieter der Teileinheit 30 zum 28. Februar 2013 gekündigt wurde. Sollte diese Frist durch den Eigentümer der Teileinheit 30 ungenutzt verstreichen, ermächtigt die Eigentümergemeinschaft die Verwaltung unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts zur Erhebung der Klage gegen den Eigentümer der Teileinheit 30, um die Unterlassung der genannten Nutzung durchzusetzen.“

Abbildungen der Räume der Teileigentumseinheit 30 konnten über das Internet unter einer Website angesehen werden. Wegen der Darstellungen aus der Website wird auf die Anlage K 3 verwiesen.

Die Klägerin behauptet, in den Räumen der Teileigentumseinheit 30 werde ein gewerbliches SM-Studio betrieben. Dabei handele es sich um einen bordellartigen Betrieb, der als solcher mit einem sozialen Unwerturteil breiter Bevölkerungsschichten behaftet sei. Der Betrieb des SM-Studios bringe erhebliche Belästigungen der anderen Bewohner des Hauses mit sich. Im Haus sei insbesondere lautes Peitschenknallen und Kettenrasseln zu hören. Auch seien Bewohner des Hauses bereits von Besuchern des SM-Studios angesprochen worden.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, die erforderlichen und notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die Nutzung der Teileinheit 30 (Keller, Vorderhaus) des … als Sadomaso-Studio zu beenden.

2. dem Beklagten anzudrohen, dass in jedem Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung zu Ziffer 1 des Tenors ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000 EUR oder Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten Dauer festgesetzt wird.

3. den Beklagten zu verurteilen, sie von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 402,82 EUR freizustellen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er behauptet, der vormalige Mieter seiner Kellerräume habe dort ein Fotostudio betrieben und die Räume auch seriösen Privatpersonen überlassen, die die Räumlichkeiten für ihre privaten Rollenspiele nach eigener Neigung nutzten.

Das Gericht hat Beweis erhoben über die von der Klägerin behaupteten Belästigungen der Bewohner des Hauses durch die Nutzer der Kellerräume durch die Vernehmung von Frau … als Zeugin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22. April 2014 (Blatt 87-88 der Akte) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin ist zur Geltendmachung des streitgegenständlichen Unterlassungsanspruchs gemäß § 10 Abs. 6 WEG in Verbindung mit dem Beschluss vom 22. November 2012 aktivlegitimiert. Der Unterlassungsanspruch besteht gemäß §§ 15 Absatz 3 WEG in Verbindung mit 1004 BGB. Gemäß § 15 Abs. 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich die Regelung nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Bei der Bestimmung dieses Gebrauchs nach billigem Ermessen sind §§ 13Abs. 1, 14 Nummer 1 WEG zu beachten. Gemäß § 13 Abs. 1 WEG kann jeder Wohnungseigentümer, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegen stehen, mit den im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben verfahren, insbesondere diese bewohnen, vermieten, verpachten oder in sonstiger Weise nutzen und andere von Einwirkungen ausschließen. Gemäß § 14 Nummer 1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Vorliegend steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu der im Sinne des § 286 ZPO erforderlichen persönlichen Gewissheit zum einen fest, dass die zu dem Teileigentum des Beklagten gehörenden Räume als SM- Studio genutzt werden und zum anderen, dass diese Nutzung zu Belästigungen der übrigen Miteigentümer des Grundstücks und Bewohner des Hauses führt, die über das von diesen hinzunehmende und zumutbare Maß hinausgehen. Dass die Räume als SM-Studio betrieben wurden, hat der Beklagte bereits nicht hinreichend bestritten. Die Klägerin hat die entsprechende Nutzung durch die Vorlage der Ausdrucke der Website hinreichend dargelegt. Die Einlassung, die Räume würden seriösen Personen für Rollenspiele ihrer Neigung zur Verfügung gestellt, stellt bereits kein hinreichendes Bestreiten dar. Aufgrund der Schilderung der Zeugin, dass aus den Kellerräumen Peitschenknallen und Kettenrasseln zu hören sei, bestehen seitens des Gerichtes keinerlei Zweifel, dass die Kellerräume tatsächlich als SM-Studio genutzt werden.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehen zu der erforderlichen Gewissheit des Gerichtes auch die von der Klägerin behaupteten Belästigungen durch die Nutzung des Kellers als SM-Studio fest, die über das von den anderen Miteigentümern des Hauses hinzunehmende Maß hinausgehen. So schilderte die Zeugin, dass in der von ihr bewohnten Wohnung lautes Stöhnen, Peitschengeräusche, Kettenrasseln und Beischlafgeräusche zu hören seien, die eine solche Lautstärke hätten, dass sie davon auch aufwache.

Schwerpunktmäßig seien diese Geräusche nachts zu hören. Zudem hätten Nutzer der Kellerräume sie bereits wiederholt an ihrer eigenen Wohnung angesprochen bzw. dort geklingelt und ihr vorgehalten, dass sie die Nutzer schikaniere und anwaltliche Schritte gegen sie unternommen werden würden. Die Zeugin machte auf das Gericht einen außerordentlich glaubwürdigen Eindruck, wobei ihre Schilderungen glaubhaft wirkten. Die von ihr geschilderten Geräuscheinwirkungen auf die von ihr bewohnte Wohnung, die oberhalb der Kellerräume liegt, erscheinen plausibel. Die Zeugin machte bei ihrer Vernehmung einen sehr sachlichen Eindruck und vermied erkennbar jegliche Aufbauschungen oder Skandalisierungen der von ihr geschilderten Vorgänge. Auch wurde die von ihr geschilderte Kontaktaufnahme der Nutzer der Kellerräume zu ihr nicht dramatisierend, sondern äußerst sachlich geschildert. Dem Gericht erscheint es auch glaubhaft, dass sie und ein Nachbar tatsächlich vor dem Haus von Nutzern der Kellerräume angesprochen worden sind und gefragt wurden, „ob sie auch dazu gehörten“. Die von der Zeugen geschilderten Vorgänge überschreiten das Maß an Belästigungen, das von den anderen Miteigentümern noch hinzunehmen ist. Vorliegend machen sowohl die Lautstärke der Geräusche, die Art ihrer Verursachung und ihr Auftreten zur Nachtzeit ihre Hinnahme durch die anderen Miteigentümer unzumutbar. Unzumutbar ist insbesondere auch, dass Nutzer des SM-Studios an der Wohnungstür der Zeugin klingelten bzw. diese dort angesprochen haben, nachdem sich diese über die Geräusche beschwert hatte, und dass diese und ein Nachbar von Nutzern der Kellerräume auf der Straße angesprochen worden sind.

Gemäß §§ 15 Abs. 3 WEG in Verbindung mit § 1004 BGB besteht vorliegend ein Unterlassungsanspruch der übrigen Miteigentümer. Insbesondere besteht die erforderliche Wiederholungsgefahr im Sinne des § 1004 Satz 2 BGB. Diese wird aufgrund der vorangegangenen Beeinträchtigungen tatsächlich vermutet (vergleiche Palandt-Bassenge, BGB, 71 Aufl., § 1004 Rn. 32). Der Beklagte hat diese Vermutung nicht widerlegt. Soweit er vorgetragen hat, dass er den Mietvertrag gekündigt und der vormalige Mieter die ihm gehörenden Einrichtungsgegenstände aus den Räumlichkeiten entfernt habe, ist dies nicht ausreichend. Der Beklagte hat insoweit selbst mitgeteilt, dass die fest eingebauten Teile (zum Beispiel an der Wand verschraubte Kreuze) in den Räumlichkeiten verblieben sind. Auch hat er den Vortrag der Klägerin, dass die Räumlichkeiten im März 2014 genutzt worden seien, wobei Peitschenknallen zu hören gewesen sei, nicht bestritten.

Vorliegend besteht ein Anspruch auf Unterlassung der Nutzung der Räume als SM-Studio. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zu der erforderlichen Gewissheit des Gerichtes fest, dass unzumutbare Belästigungen der anderen Miteigentümer nur durch eine solche Untersagung vermieden werden können. Denn insbesondere hat die Klägerin zu der erforderlichen persönlichen Gewissheit des Gerichts nachgewiesen, dass durch die Nutzung des Kellers als SM-Studio die typischerweise mit einem solchen Betrieb einhergehenden Belästigungen verbunden sind. Dies sind neben den Geräuschbelästigungen auch die Belästigungen, die durch den verbalen Kontakt mit den Nutzern der Räumlichkeiten einhergehen und die offenkundig weder von dem Betreiber des SM-Studios noch von dem Beklagten unterbunden werden können. Ob der Unterlassungsanspruch bereits deshalb gegeben ist, weil mit der Nutzung der Kellerräume als SM-Studio ein soziales Unwerturteil breiter Bevölkerungsschichten einhergeht, kann dahinstehen. Insoweit sei aber darauf hingewiesen, dass dafür vorliegend sprechen dürfte, dass der Beklagte den Vortrag der Klägerin nicht bestritten hat, dass in den Räumen ein dominanter Mann seine Dienste gegen Entgelt anbietet.

Der Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 280 BGB i.V.m. 14, 15 WEG.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

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