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WEG – Sondernutzungsrecht an einem Balkon

OLG München – Az.: 34 Wx 247/11 – Beschluss vom 23.09.2011

I. Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Lindau (B) – Grundbuchamt – vom 10. Mai 2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die als Mittel zur Beseitigung aufgezeigte Möglichkeit, festzustellen, dass es sich bei dem als Balkon bezeichneten Gebäudeteil um eine Terrasse handele, entfällt.

II. Der Geschäftswert wird auf 3.000 € festgesetzt.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Zu notarieller Urkunde vom 18.11.2010 begründeten die Beteiligten zu 1 und 2 an dem ihnen in Gütergemeinschaft gehörenden Grundstück dergestalt Wohnungseigentum, dass sie es gemäß § 8 WEG in zwei Miteigentumsanteile aufteilten und mit jedem Miteigentumsanteil das Sondereigentum an den im Aufteilungsplan mit 1 bzw. 2 bezeichneten Räumen sowie mit einem weiteren mit „AR“ bezeichneten Raum im Kellergeschoß verbanden. Nach der zugleich errichteten Gemeinschaftsordnung sollte dem jeweiligen Eigentümer der Einheit 1 das Recht auf alleinige und ausschließliche Nutzung und Verwaltung des im Aufteilungsplan „EG“ mit SNR 1 bezeichneten und blau umrandeten Balkons zustehen.

Soweit noch erheblich erging auf den Vollzugsantrag am 10.5.2011 folgende fristsetzende Zwischenverfügung des Grundbuchamts:

Nach der notariellen Urkunde und dem beigefügten Lageplan handele es sich bei dem erwähnten Balkon um Sondereigentum. Für die Bestellung eines Sondernutzungsrechts an dem Balkon für den Eigentümer des Sondereigentums bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis. Entweder solle festgestellt werden, dass es sich bei dem Balkon aufgrund seiner teils ebenerdigen Lage um eine Terrasse handele, oder aber der Antrag solle dahin geändert werden, dass kein Sondernutzungsrecht an dem Balkon bestellt werde.

WEG - Sondernutzungsrecht an einem Balkon
Symbolfoto: Von Grand Warszawski/Shutterstock.com

Hiergegen richtet sich das vom beurkundenden Notar eingelegte Rechtsmittel. Der im Aufteilungsplan mit Balkon bezeichneten Gebäudeteil sei einerseits aufgrund der Anlage des Gebäudes tatsächlich ein Balkon und andererseits eine vom gemeinschaftlichen Grundstück aus mittels ein paar Stufen zu erreichende Terrasse. Dieser Teil sei mangels Abgeschlossenheit nicht sondereigentumsfähig, somit Gemeinschaftseigentum. Um die alleinige Nutzungsmöglichkeit des Gebäudeteils durch den unmittelbar daran angrenzenden Sondereigentümer der Einheit 1 zu ermöglichen, biete sich die Begründung eines Sondernutzungsrechts an. Der Balkon sei kein Sondereigentum und könne auch nicht zu Sondereigentum erklärt werden.

Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 16.5.2011 nicht abgeholfen.

II.

Die nach Sachlage namens der Beteiligten zu 1 und 2 als der teilenden Eigentümer gemäß § 15 Abs. 2 GBO erhobene Beschwerde (§ 18 Abs. 1, § 71 Abs. 1, § 73 Abs. 1 und 2 GBO) hat im Wesentlichen keinen Erfolg. Dem Eintragungsantrag fehlt, bezogen auf das Sondernutzungsrecht, die Eintragungsfähigkeit. Der Antrag richtet sich darauf, eine (verdinglichte) Berechtigung (vgl. § 10 Abs. 3 WEG) an dem zu schaffenden Sondereigentum einzutragen, die es nur für das Gemeinschaftseigentum gibt (vgl. Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten WEG 9. Aufl. § 13 Rn. 24; Hügel/Kral GBO 2. Aufl. Wohnungseigentum Rn. 44/45) und wofür auch nur ein Bedürfnis besteht. Die Aufforderung, den Antrag zu ändern, nämlich einen beanstandeten Antrag zurückzunehmen, wodurch die Vollziehung der übrigen Anträge ermöglicht wird, ist bei verbundenen Anträgen (§ 16 Abs. 2 GBO) durch Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO zulässig (BayObLGZ 1977, 268/271; Demharter GBO 27. Aufl. § 18 Rn. 37 m.w.N.). Zur Beseitigung des aufgezeigten Eintragungshindernisses geeignet erscheint hingegen nicht die alternativ aufgegebene, auf den Balkon bezogene Klarstellung des Antrags. Die Unterlagen, namentlich die Bauzeichnung nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG, lassen nämlich von vorneherein eine Auslegung, dass es sich bei dem von außen nur über eine Treppe erreichbaren und mit einer massiven umlaufenden Außenbrüstung versehenen Gebäudeteil um eine (ebenerdige) Terrasse handele, an der Gemeinschafteigentum bestände (vgl. Schneider in Riecke/Schmid WEG 3. Aufl. § 5 Rn. 71 m.w.N.) und demnach die Begründung eines Sondernutzungsrechts zulässig wäre, nicht zu.

1. Der Senat ist nicht der Auffassung, dass im Hinblick auf die fehlende Raumeigenschaft Sondereigentum gemäß § 5 Abs. 1 Alt. 1 WEG an einem Balkon nicht gebildet werden kann (so aber Rapp in Beck’sches Notar-Handbuch 5. Aufl. A III Rn. 29 d m.w.N.). Folge dieser Auffassung wäre es in der Tat, mangels allseitig fester Abgeschlossenheit auch an den nicht konstruktiven Teilen des Balkons von Gemeinschaftseigentum auszugehen und daran für den Sondereigentümer der anliegenden Wohnung ein Sondernutzungsrecht zu begründen (Rapp aaO.).

2. Indessen folgt der Senat der ganz herrschenden Meinung, dass ein Balkon als durch eine Brüstung begrenzter Raum sondereigentumsfähig ist (BayObLGZ 1974, 269/271; auch Senat vom 30.1.2007, 34 Wx 116/06 = NZM 2007, 369; Bärmann/Armbrüster WEG 11. Aufl. § 5 Rn. 55; Timme/Kesseler WEG § 5 Rn. 65; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten WEG 9. Aufl. § 5 Rn. 13).

a) Nach verbreiteter Ansicht ist ein zu einer Wohnung gehörender Balkon dann dem Gemeinschaftseigentum zuzurechnen, wenn er in der Teilungserklärung nicht ausdrücklich mit dem Sondereigentum an einer Wohnung verbunden wird und im Aufteilungsplan mit derselben Nummer der Wohnung bezeichnet ist (vgl. Bärmann/Armbrüster § 5 Rn. 55 m.w.N.; exemplarisch LG Wuppertal RNotZ 2009, 48). Denn wird rechtsgeschäftlich kein Sondereigentum eingeräumt, so befindet sich ein an sich sondereigentumsfähiger Raum entsprechend den allgemeinen Regeln im Gemeinschaftseigentum (vgl. § 1 Abs. 5 WEG; etwa BayObLG NJW 1974, 152).

b) Die Auslegung der Teilungserklärung sowie des damit verbundenen Aufteilungsplans mit Abgeschlossenheitsbescheinigung dürfte es nicht erlauben, den Balkon als dem Sondereigentum zugehörig einordnen zu können. Die notarielle Erklärung spricht unter Abschnitt II. nur von Räumen, die im Aufteilungsplan mit (der Ziffer) 1 bezeichnet sind. Indessen trägt auch der Balkon die Ziffer 1, freilich versehen mit dem Zusatz „SNR“. Eine Zuordnung zur dahinter liegenden Wohnung 1 lässt sich auch nicht aus der im Plan ersichtlichen durchgängigen, allerdings im Bereich zumindest von zwei der drei zum Balkon hin angrenzenden Räume durchbrochenen, blauen Umrandung entnehmen. Deshalb erscheint es hier nicht möglich, den Balkon kraft abweichender rechtsgeschäftlicher Zuordnung (vgl. Hügel RNotZ 2009, 49/50 f.) als zum Sondereigentum der Wohnung 1 gehörig anzusehen.

3. Hiervon unabhängig geht der Senat aber mit einer im Vordringen begriffenen Meinung davon aus, dass der Balkon (nicht hingegen dessen Bauteile) als Raum zu der ihm zuordnungsfähigen abgeschlossenen Wohnung der Alleinnutzung dieses Wohnungseigentümers dient und kraft der gesetzlichen Verbundenheit des § 94 BGB auch zum Sondereigentum der Wohnung gehört (siehe Schmidt MittBayNot 2001, 442; Hügel/Krahl GBO Stichwort Wohnungseigentum Rn. 26; Schneider in Riecke/Schmid WEG 3. Aufl. § 5 Rn. 37; § 7 Rn. 94). Auch ohne entsprechende Nummerierung gehört der Balkonraum nach natürlicher Anschauung zum Sondereigentum der Gesamtwohnung, von der aus er zugänglich ist. Daran ändert sich hier nichts deshalb, weil der gegenständliche Balkon mit einer Treppe zum Garten (Gemeinschaftseigentum) verbunden ist, deren Sondereigentumsfähigkeit indessen dahinstehen kann.

An Sondereigentum kommt die Eintragung eines Sondernutzungsrechts nicht in Betracht.

4. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht.

Die Geschäftswertfestsetzung beruht mangels sonstiger ausreichender Anhaltspunkte auf § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO. Sie bezieht sich allein auf den zurückweisenden Teil der Beschwerdeentscheidung.

5. Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen (§ 78 Abs. 2 GBO). Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung und dient auch der Fortbildung des Rechts. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass es ungeklärt erscheint, ob an Balkonen mangels Sondereigentumsfähigkeit Sondernutzungsrechte begründet werden können.

 

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