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WEG – Sondernutzungsrechts an einer Gartenfläche

AG Hamburg-Blankenese, Az.: 539 C 4/15, Urteil vom 07.10.2015

1. Der unter dem Tagesordnungspunkt „Genehmigung der baulichen Veränderung, die Gegenstand des Klagantrags vom 11.07.2014 war“ gefasst auf der Eigentümerversammlung vom 16.01.2015 für die WEG … wird für ungültig erklärt.

2. Die Widerklage wird abgewiesen.

3. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

WEG - Sondernutzungsrechts an einer Gartenfläche
Symbolfoto: Von Andrey tiyk /Shutterstock.com

Tatbestand

Der Kläger begehrt Ungültigerklärung des einzigen WEG-Beschlusses vom 16.01.2015. Die Beklagten begehren im Wege der Widerklage einen Kostenvorschuss für die Anpflanzung von 15 Taxus Baccata einschließlich Pflanzenerde und sonstigen Arbeiten auf der Sondernutzungsfläche der Beklagten.

Die Parteien sind die einzigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft

Wegen des Inhalts der Teilungserklärung vom 23.04.1982 wird auf die Anlage K1 Blatt 10 f. verwiesen.

Die Beklagten haben 2014 auf der ihnen als Eigentümer der Einheit Nr. 1 nach § 4 der Gemeinschaftsordnung als Sondernutzungsrecht zugewiesenen Gartenfläche eine Mauer aus Steinelementen gesetzt. Die Mauer verläuft parallel zur nördlichen Grundstücksgrenze.

Außerdem haben Sie parallel zur Hausfassade des Hinterhauses verlaufend Betonpflanzkübel mauerartig aufgeschichtet.

Insoweit wird auf die als Anlagenkonvolut K2 vorgelegten Fotos verwiesen (Blatt 40 f. der Akte).

Im Verfahren AG Hamburg-Blankenese, 539 C 19/14, wurden die Beklagten – nicht rechtskräftig – verurteilt, die Mauer sowie Betonpflanztröge zu entfernen. Vor diesem Hintergrund haben die Beklagten mit ihrer Stimmenmehrheit das Errichten der Mauer sowie das mauerartige Aufschichten von Betonpflanztrögen genehmigt. Wegen des Versammlungsprotokolls – in dem von Betonpflanzkrügen die Rede – wird verwiesen auf die Anlage K5 Blatt 73 der Akte.

Der Kläger hat auf der Versammlung mit seinen 4/10 Stimmanteilen gegen die Nachgenehmigung gestimmt.

Der Kläger behauptet, durch die baulichen Maßnahmen der Beklagten sei er über das in § 14 Nr. 1 WEG hinausgehende Maß in seinen Rechten beeinträchtigt.

Die Errichtung der Mauer und die Art und Weise der Gestaltung insbesondere das mauerartige Auftürmen von Betontrögen sollen schon zu einer nachteiligen optischen Veränderungen des Gesamteindrucks der Anlage führen.

Der Kläger sei sehr wohl in der Lage, von seinem Sondereigentum aus die bauliche Veränderung optisch wahrzunehmen.

Die Errichtung der Mauer sei auch nicht zur Verhinderung des Abrutschens von Erdreich oder der Überschwemmung der Sondernutzungsfläche der Beklagten erforderlich gewesen.

Ebenso wenig sei die Maßnahme von der Hausordnung, (Seite 25 f. der Teilungserklärung) (gedeckt; es gehe hier nicht mehr um Erhaltung oder Pflege, sondern schlicht um Umgestaltung des Gartens.

Nicht nur aus dem Fenster sondern auch vom Flachdach aus sei die bauliche Veränderung für den Kläger deutlich zu sehen.

Der Kläger beantragt, wie erkannt.

Die Beklagten beantragen, die Ungültigkeitsklage abzuweisen.

Außerdem erhaben die Beklagten Widerklage mit dem Antrag, den Kläger zu verurteilen für die Anpflanzung von 15 Taxus Baccata einschließlich Pflanzenerde und sonstigen Arbeiten auf der Sondernutzungsfläche der Beklagten entlang der Garagenaußenwand des Klägers einen Kostenvorschuss in Höhe von EUR 3.040,15 nebst Zinsen ab 11.03.2015 zu zahlen.

Der Kläger beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagten fühlen sich aufgrund der Teilungserklärung berechtigt, Änderungen im Bereich ihres Sondernutzungsrechts ohne Zustimmung des Mitwohnungseigentümers vorzunehmen (Blatt 58 der Akte).

Durch die Hangbefestigung sollte vermieden werden, dass das Haus das sich im Sondereigentum der Beklagten befindet, beschädigt wird.

Eine – vom Kläger im Verfahren (539 C 19/14) verlangte Wiederherstellung einer Rasenfläche zeige, dass zuvor eine Hangabsicherung erfolgen müsse.

Außerdem berufen sich die Beklagten auf § 4 der Teilungserklärung und § 5 der Hausordnung.

Aufgrund der Erhaltungspflicht fühlen sich die Beklagten berechtigt, über das Ob und Wie der Hangsicherung zu entscheiden und dies ohne Zustimmung des Klägers umzusetzen.

Das Wasser habe zuvor teilweise (gemeint zeitweise) unmittelbar an dem Außenmauerwerk gestanden und zu Durchfeuchtungen im Sondereigentum der Beklagten geführt, (Foto, Anlage B2 Blatt 67 der Akte).

Von der gemeinsamen Zufahrt aus seien die den hangabsichernden Pflanztröge nicht zu erkennen.

Nur wenn der Kläger sich auf sein Flachdach der Garage begäbe, könne er auf die Mauer sehen.

Der Kläger habe eine Reihe von Koniferen auf der Sondernutzungsfläche der Beklagten ohne derer Erlaubnis einzuholen seinerzeit gefällt das vorhandene Erdreich beseitigt sowie entlang der Außenwand auf dem Sondernutzungsrecht der Beklagten eine Drainage verlegt und hierauf Kies geschüttet, so dass neue Pflanzen in diesem Bereich nicht wachsen können.

Außergerichtlichen Aufforderungen den ursprünglichen Zustand „auf dem Sondernutzungsrecht der Kläger“ (Blatt 85 der Akte) wiederherzustellen sei er nicht nachgekommen.

Die Wiederherstellung erfordere einen Kostenaufwand in Höhe von EUR 3.040,50, (vgl. Anlage B3 Blatt 90 der Akte).

Den Beklagten sei es nicht zuzumuten, dass der Kläger selbst die Arbeiten vornehme; der habe kein Zutrittsrecht zum Sondernutzungsrecht der Beklagten.

Im Übrigen wird wegen der baulichen Veränderungen und ihrer rechtlichen Bewertung auf Ziffer II des Schriftsatzes der Beklagtenvertreter vom 22.06.2015 verwiesen (Blatt 85 der Akte f.).

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Vorprozess zum Aktenzeichen 539 C 19/14.

Entscheidungsgründe

Die Beschlussanfechtungsklage ist begründet. Die Widerklage unbegründet.

I.

Anfechtungsklage:

Die gemäß in §§ 43Nr. 4, 46 WEG fristgerecht erhobene, begründete und zugestellte Anfechtungsklage ist begründet.

Der Beschluss vom 16.01.2015 über die Nachgenehmigung der bereits in die Tat umgesetzten baulichen Veränderungen auf der Sondernutzungsfläche der Beklagten zur Verhinderung einer Vollstreckung aus dem Urteil des AG Hamburg-Blankenese vom 14.01.2015 zum Aktenzeichen: 539 C 19/14 entspricht nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung.

Die Eigentümerversammlung hat hier ihr Verwaltungsermessen überschritten und eine weit über Notmaßnahmen hinaus gehende bauliche Veränderung – umgesetzt durch die Beklagten – 1 zu 1 genehmigt.

Es fehlt bereits an der Ermessensausübung hinsichtlich der Art und Weise einer eventuell erforderlich Hangsicherung. Außerdem sind die nicht unerheblichen baulichen Maßnahmen auch nicht durch das Sondernutzungsrecht der Beklagten gedeckt.

Zu Recht lässt der Kläger auf den Beschluss des Kammergerichts vom 10.01.1994 (ZMR 1994, 174) verweisen. Dort heißt es: „Auch Sondernutzungsrechte an Gartenflächen geben einem Wohnungseigentümer nicht das Recht, eigenmächtig sichtbare kniehohe Beeteinfassungsmauern zu errichten, selbst wenn das Mauerwerk sich durch seine Gestaltung in dem Gesamtcharakter der Wohnanlage einfügt.“

Der Kläger ist hier durch diese bauliche Maßnahme sowie deren negative optische Auswirkung auch über das in § 14 Ziffer 1 WEG genannte Maß hinaus beeinträchtig.

§ 14 Nr. 1 WEG ist dann bereits tangiert, wenn es sich um eine nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung des architektonischen Gesamteindrucks handelt. Es gilt keinesfalls der Satz, dass jeder Sondernutzungsberechtigte bauliche Veränderungen erlaubtermaßen vornehmen kann, solange sie nicht zu einer objektiven Verunstaltung des Geländes führen.

Die Beklagten haben hier durch die Wahl der Pflanztröge und der Farbe ihre eigenen Geschmacksvorstellungen dem Kläger aufgezwungen.

Das OLG Hamburg hat schon die Verlegung bloßer Beton platten im Rahmen der Gestaltung von Rasenflächen als nachteilige baulichen Veränderung eingestuft (OLG Hamburg ZMR 1989, 466).

Im Übrigen kommt hinzu, dass die bauliche Veränderungen im Bereich der Sondernutzungsfläche auch von der … aus einsehbar sind. Dem Sondernutzungsberechtigten ist nicht etwa alles erlaubt, was man nicht vom eigenen Grundstück aus erkennen kann. Die wesentlich höher gelegene … ermöglich einen Blick auf die Sondernutzungsfläche.

Das den Beklagten eingeräumte Sondernutzungsrecht bezieht sich nur auf den exklusiven Gebrauch nicht auf die exklusive Veränderung, und zwar insbesondere nicht im Rahmen vermeintlicher Erhaltungsmaßnahmen.

Auch das OLG Hamm, Beschluss vom 15.02.2000, (15 W 426/99) hat entschieden: „Die grundlegende Umgestaltung einer Sondernutzungsfläche durch den Sondernutzungsberechtigten stellt eine zustimmungsbedürftige bauliche Veränderung dar. Der Tatrichter kann seine Entscheidung zu den erheblichen Nachteilen auf aussagekräftige Lichtbilder stützen; ein Ortstermin ist nicht zwingend erforderlich.“

Im Fall des OLG Hamm ging es unter anderem um die Errichtung einer Ziermauer.

Das Verwaltungsermessen der Wohnungseigentümergemeinschaft war hier auch nicht „auf Null“ im Sinne der bereits durchgeführten Hangsicherung reduziert. Die von den Beklagten bereits umgesetzte Maßnahme war nicht alternativlos, vgl. auch LG Hamm Urteil vom 10.04.2013, 318 S 91/12, (ZMR 2013, 922).

Die Gemeinschaft war hier bei ihrer Beschlussfassung auch nicht mehr „ergebnisoffen“ es sollte ersichtlich eine bereits eigenmächtig durchgeführte Maßnahme der Beklagten lediglich abgesegnet werden. Soweit liegt ein Fall des Ermessensnichtgebrauchs vor.

II.

Vorschussklage – Widerklage

Auch wenn man das Bestreiten des Beklagten, der von einer „vermeintlich eigenmächtigen Entfernung der Koniferen“ sprechen lässt (vgl. Schriftsatz vom 17.07.2015 Blatt 112 der Akte) noch als hinreichend substantiiert ansieht und zu Gunsten der Beklagten/Widerkläger von einer Entfernung der Koniferen ohne Beschluss und Ermächtigung durch den Kläger ausgeht, fehlt es doch an einem Vorschussanspruch gerichtet auf Zahlung an die Beklagten/Widerkläger direkt.

Selbst wenn man die Rechtsprechung des BGH zu Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung des Gemeinschaftseigentums und die Ausübungsbefugnis des Verbandes, vgl. BGH Urteil vom 07.02.2014 V ZR 25/13, (ZMR 2014, 554) vernachlässigt und mit Rücksicht auf das Vorliegen einer 2er Gemeinschaft einen Direktanspruch der Beklagten für möglich hält, richtet dieser sich jedenfalls nicht auf einen zu zahlenden Geldbetrag als Vorschuss für Wiederherstellungsnaßnahmen.

Auch der Verband „Wohnungseigentümergemeinschaft“ könnte hier nur auf Beseitigung und Wiederherstellung eines konkreten Zustandes klagen, um anschließend aus § 887 ZPO zu vollstrecken oder er könnte nach Durchführung der Maßnahmen den Brutto-Betrag sowie vor Durchführung der Maßnahmen den Netto-Betrag als Schadensersatz verlangen.

Die §§ 249 f. BGB sehen jedenfalls keinen Vorschussanspruch über den später abzurechnen ist vor.

Die Regelung des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB zeigt, dass anderenfalls der Schädiger vor Anfall von Mehrwertsteuer/Umsatzsteuer den entsprechenden Betrag dem Geschädigten aushändigen müsste und allenfalls über die spätere Erbrechnung – bei nicht Durchführung der Maßnahme – auch diesen Betrag zurück erhalten sollte.

Auch spezialgesetzliche Regelungen in § 637 Abs. 3 BGB zur Selbstvornahme im Werkvertragsrecht zeigt, dass ein Vorschussanspruch nur in den gesetzlich ausdrücklich geregelten Fällen zugesprochen werden kann.

Für den wohnungseigentumsrechtlichen Beseitigungsanspruch hat sich auch keine Rechtsprechung entwickelt, die einen derartigen Vorschussanspruch zum Inhalt hätte.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 709 ZPO.

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