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Wohnungskündigung durch Vermieter – Personenmehrheit auf Vermieterseite – Unterschriften

AG Besigheim, Az.: 7 C 601/16, Urteil vom 06.12.2016

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann eine Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 6.960,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Räumung und Herausgabe von Wohnraum.

Die Parteien sind durch Mietvertrag verbunden. Neben der streitgegenständlichen Wohnung ist in dem im Miteigentum des Klägers und dessen Ehefrau stehenden Wohnhaus eine weitere Wohnung vorhanden. Diese wird durch den Kläger und dessen Familie selbst bewohnt. Das Mietverhältnis mit dem Beklagten und dessen mittlerweile verstorbenen Lebensgefährtin … begann zum 01.11.2004. Im Mietvertrag sind unter der Rubrik „Vermieter“ der Kläger sowie dessen Ehefrau eingetragen. Der Mietvertrag wurde unter der Rubrik „Unterschrift Vermieter“ lediglich vom Kläger, nicht jedoch von dessen Ehefrau, unterschrieben.

Mit Schreiben vom 30.11.2015 sprach der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Namen des Klägers gegenüber dem Beklagten die ordentliche Kündigung wegen Eigenbedarfs zum 31.08.2016 aus. Hilfsweise machte er im Namen des Klägers vom erleichterten Kündigungsrecht gem. § 573 a Abs. 1 BGB Gebrauch und kündigte das Mietverhältnis hilfsweise ordentlich zum 30.11.2016 (vgl. Anlage K 2).

Wohnungskündigung durch Vermieter - Personenmehrheit auf Vermieterseite – Unterschriften
Foto: deagreez/Bigstock

Der Beklagte hat die streitgegenständliche Wohnung bisher nicht geräumt und nicht herausgegeben.

Der Kläger beantragt: Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die in der … in … im Erdgeschoss gelegene Wohnung, bestehend aus 3 Zimmern, 1 Küche/Kochnische, 1 WC, mit Bad zu räumen und an den Kläger herauszugeben.

Der Beklagte beantragt: Die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte ist der Ansicht, die Kündigung vom 30.11.2015 sei unwirksam. Vertragspartner sei nicht nur der Kläger, sondern auch dessen Ehefrau. Eine Kündigung allein durch den Kläger sei unwirksam.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird vollumfänglich auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

1. Insbesondere ist der Kläger – den Herausgabeanspruch aus § 985 BGB betreffend – auch allein prozessführungsbefugt. Gemäß § 1011 BGB i.V.m. § 432 BGB kann jeder Miteigentümer die Rechte aller Miteigentümer aus ihrem Eigentum gegenüber Dritten in Ansehung der ganzen Sache geltend machen. Unstreitig ist der allein klagende Kläger zusammen mit seiner Ehefrau Miteigentümer der streitgegenständlichen Wohnung. Damit ist er – soweit Herausgabe gem. § 985 BGB begehrt wird – gesetzlicher Prozessstandschafter für seine miteigentumsberechtigte Ehefrau (vgl. hierzu u.a. BGH, Urteil vom 14. September 2001, Az.: VZR 231/00).

2. Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Mietwohnung aus §§ 546, 985 BGB noch aus einem sonstigen Rechtsgrund zu. Das Mietverhältnis wurde durch die Kündigung vom 30.11.2015 nicht wirksam beendet.

Sind mehrere Personen Vermieter, muss die Kündigung im Namen aller Vermieter ausgesprochen werden. Daran fehlt es hier. Ausweislich des Kündigungsschreibens des Prozessbevollmächtigten des Klägers erfolgte die Kündigung ausdrücklich nur für den Kläger, nicht jedoch für dessen Ehefrau. Diese ist jedoch neben dem Kläger ebenfalls Vermieterin.

Widersprechen sich die Angaben im Mietvertragskopf des Mietvertrages und die Unterschriftenzeile in der Form, dass als Vermieter beide Ehegatten eingetragen sind, jedoch nur einer der beiden Ehegatten den Mietvertrag unterschrieben hat, wird in Rechtsprechung und Lehre zum Teil davon ausgegangen, ein wirksamer Mietvertrag sei gar nicht nicht zustande gekommen (vgl. Schmidt Futterer, vor § 558 BGB Rn. 50 ff. m.w.N.). Zum Teil wird die Auffassung vertreten, es spreche eine tatsächliche Vermutung oder der erste Anschein dafür, dass die Unterschrift des einen Ehepartners auch im Namen des anderen Ehepartners erfolgen soll (z.B. OLG Düsseldorf, ZMR 2000, 210). Nach hiesiger Auffassung führt die fehlende Unterschrift eines von beiden Ehepartnern nicht automatisch dazu, dass ein derartiger Mietvertrag unwirksam ist. Vielmehr ist unter Heranziehung der entsprechenden Anwendung der allgemeinen Grundsätze ergänzender Vertragsauslegung auf die Abgabe von Willenserklärungen nach den §§ 133, 157 BGB zu ermitteln, ob der unterschreibende Ehepartner den anderen Ehepartner vertreten hat mit der Folge, dass auch dieser Vertragspartner wurde. Hierzu bedarf es einer Auslegung im Einzelfall, wobei neben sonstigen begleitenden Umständen insbesondere die Umstände des Vertragsschlusses zu berücksichtigen sind. Die Auffassung des Gerichts wird auch gestützt durch den Rechtsentscheid des Oberlandesgerichts Schleswig, das wie das erkennende Gericht auf die Umstände des Einzelfalls abstellt und in seinem Rechtsentscheid vom 17.11.1992, Az. 4 REMiet 1/92, ausführt, dass, wenn bei den Vertragsverhandlungen deutlich wird, dass beide Ehegatten Vertragspartner werden sollen und wenn insbesondere auch die Ehefrau an den Vertragsverhandlungen beteiligt worden ist, ein Anschein dafür sprechen kann, dass sie ihren Ehemann, der den Mietvertrag allein unterzeichnet hat, zum Abschluss des Mietvertrags bevollmächtigt hat. Von einem solchen Anschein geht das Gericht auf Grund der nachfolgend aufgezeigten Erwägungen aus.

Vorliegend war neben der Bezeichnung der Ehefrau des Klägers als Vermieterin zu berücksichtigen, dass der Kläger und dessen Ehefrau dem Beklagten gegenüber bei Vertragsschluss gemeinsam als Vermieter aufgetreten sind. Das Gericht konnte sich im Rahmen der informatorischen Anhörung des Beklagten davon überzeugen, dass die Ehefrau des Klägers bei den Vertragsverhandlungen bzw. bei dessen Abschluss zugegen war und nach dem Verständnis des Beklagten von Beginn des Mietverhältnisses an beide Ehegatten seine Vermieter waren. Hinzu kommt der Umstand, dass sowohl der Kläger als auch dessen Ehefrau im Grundbuch als Eigentümer eingetragen sind. Das Gericht verkennt nicht, dass die Vermietereigenschaft und Eigentumsstellung auseinanderfallen können. Gleichwohl sprechen hier die Gesamtumstände, die auch noch zusätzlich durch die Erklärung des Klägers gestützt werden, dass seine Ehefrau nur schlecht deutsch spreche, dafür, dass der Kläger seine Ehefrau bei Unterzeichnung des in deutsch abgefassten Vertrages wirksam vertreten und eine Willenserklärung auch für diese abgegeben hat. Dies durfte der Beklagte nicht zuletzt aus diesem Grunde auch so verstehen. Demnach spricht schon der Anschein für eine wirksame Vertretung der Ehefrau durch den Kläger.

Der Kläger konnte diesen Anschein auch nicht widerlegen. Gründe dafür, dass die Ehefrau des Beklagten trotz deren Bezeichnung als Vermieterin im Kopf des Mietvertrages nicht Vermieterin werden sollte, liegen nicht vor. Daran ändert auch der Vortrag des Klägers nichts, dass die Mietzahlungen stets auf das Konto des Klägers und nicht etwa dessen Ehefrau einbezahlt worden sind. Es liegt in der Natur der Sache, dass bei mehreren Vermietern die Mietzahlungen auf nur ein Konto überwiesen werden. Eine Pflicht oder eine praktische Übung, eigens für Mietzahlungen ein gemeinsames Vermieterkonto einzurichten besteht nicht. Dieser Umstand ist daher nicht geeignet, zu einer anderen Bewertung zu führen.

Auch die klägerseits bemühte Rechtsprechung führt zu keinem anderen Ergebnis.

Der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 16.07.2003, Az. XII ZR 65/02, liegt schon ein gänzlich anderer Sachverhalt zugrunde, als dass Gegenstand des Verfahrens der Abschluss eines befristeten Mietverhältnisses war. Folgerichtig bedarf es in diesem Fall zur Wirksamkeit der Befristung der Unterschrift aller von mehreren Vermietern, damit die Schriftform gewahrt ist. Dies ist aber bei unbefristeten Mietverträgen – wie dem vorliegenden – gerade nicht der Fall, da ein Schriftformerfordernis hier nicht besteht. Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall scheidet demnach aus.

Dasselbe gilt für die Entscheidung des Landgerichts Berlin, vom 15.06.2004, Az. 63 S 237/03. Das Gericht führt aus: „Sind in dem Mietvertrag beide Eheleute als Mieter vorgesehen, unterschreibt jedoch nur ein Ehegatte, wird der andere ohne Hinzutreten weiterer Umstände, die für eine Bevollmächtigung sprechen, nicht Mietvertragspartner.“ Im hier zu entscheidenden Fall liegen aber gerade solche Umstände, auf Grund derer von einer Bevollmächtigung auszugehen ist, vor. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.

Obwohl das Gericht die Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofes in der Sache VIII ZR 255/04 teilt, dass für die Annahme eines konkludenten Vertragsbeitritts ein Verhalten vorauszusetzen ist, durch welches zum Ausdruck gebracht wird, dass die jeweilige Beitrittspartei eigene Rechte und Pflichten begründen will, vermag dies hier ebenfalls zu keiner anderen Entscheidung führen. In der Sache kommt es auf einen konkludenten Beitritt der Ehefrau des Klägers zum Mietvertrag nicht an, nachdem gemäß den obigen Erwägungen bereits von einer Vertretungssituation auszugehen und die Ehefrau des Klägers demnach von Beginn an neben dem Kläger ebenfalls Vertragspartnerin des Beklagten war.

Mangels wirksam beendetem Mietverhältnis war die Räumungsklage abzuweisen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 7, 711 ZPO.

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