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Zulässigen Höhe der Nettokaltmiete für eine Mietwohnung

AG Neukölln – Az.: 14 C 103/21 – Urteil vom 25.11.2021

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger EUR 6.344,44 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.05.2021 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die zwischen den Klägern und der Beklagten mit Mietvertrag vom 01.08.2016 über die an die Kläger vermietete Wohnung in … Berlin, getroffene Vereinbarung der monatlichen Miete nach § 556g BGB derzeit unwirksam ist, soweit sie einen Betrag von EUR 774,23 übersteigt.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert wird auf EUR 19.673,14 festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche im Zusammenhang mit der zulässigen Höhe der Nettokaltmiete für eine Mietwohnung.

Im Jahr 2016 schlossen die Kläger als Mieter zum 01.08.2016 einen Mietvertrag über die Wohnung …. Berlin, Vorderhaus 4. OG rechts, ab. Der Mietvertrag sieht für die 76,82 qm große Wohnung eine Staffelmiete vor, die vom 01.08.2018 bis zum 31.07.2019 eine Nettokaltmiete in Höhe von EUR 1.059,48, für den Zeitraum vom 01.08.2019 bis 31.07.2020 eine Nettokaltmiete in Höhe von EUR 1.091,26 und ab dem 01.08.2020 eine Nettokaltmiete in Höhe von EUR 1.124,00 festlegt.

Die mit den Vormietern der streitgegenständlichen Wohnung vereinbarte Nettokaltmiete betrug EUR 774,23.

Die streitgegenständliche Wohnung verfügt über Badezimmer und Sammelheizung, liegt in einfacher Lage im Sinne des Straßenverzeichnisses zum Berliner Mietspiegel 2017/2019 und das streitgegenständliche Gebäude wurde vor dem 31.12.1918 errichtet. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Merkmalgruppen 1 bis 4 positiv zu beurteilen sind und die Merkmalgruppe 5 negativ.

Die Kläger registrierten sich online bei der damals als …. GmbH firmierenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Diese verfügt über eine Registrierung gemäß § 10 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) für den Bereich der Inkassodienstleistungen. Am 24.02.2019 unterzeichneten die Kläger eine Erklärung mit der Bezeichnung „Bestätigung Vollmachterteilung und Abtretung, Genehmigung“, mit der sie die elektronisch erteilte Vollmacht zur Geltendmachung und Durchsetzung ihrer Forderungen im Zusammenhang mit der sogenannten Mietpreisbremse sowie die treuhänderische und unwiderrufliche Abtretung der Ansprüche bestätigten und rein vorsorglich rückwirkend alle insoweit vorgenommenen Rechtshandlungen und Erklärungen genehmigten.

Die …. GmbH forderte die beklagte Vermieterin mit Schreiben vom 28.02.2019, hinsichtlich dessen Einzelheiten auf Bl. 9 ff. d.A. (Anlage K1) verwiesen wird, zur Auskunft über die Mietenbildung, zur Rückzahlung zuviel gezahlter Mieten und des überzahlten Kautionsbetrages sowie zur Abgabe einer Erklärung auf, dass die Miete auf den höchstzulässigen Betrag herabgesetzt sei. Zugleich erklärte sie, dass weitere Mietzahlungen der Kläger unter Vorbehalt erfolgten.

Die klägerseits gesetzte Frist bis zum 14.03.2019 lief erfolglos ab. Die Kläger zahlten in den Folgemonaten die Miete in vereinbarter Höhe weiter.

Daran schloss sich ein Klageverfahren bei dem hiesigen Gericht unter dem Az. 5 C 144/19 an, das durch Urteil vom 03.03.2020 erstinstanzlich beendet wurde. Die Beklagte wurde unter anderem – nach zwischenzeitlicher Auskunftserteilung zur Höhe der Vormiete und darauf folgender teilweiser Klagerücknahme – antragsgemäß zur Zahlung von EUR 285,25 an die ….. GmbH für den Monat März 2019 verurteilt.

Die Kläger sind der Auffassung, die ortsübliche Vergleichsmiete für die Wohnung betrage EUR 7,57/qm, wie sich aus der Einordnung in den Berliner Mietspiegel 2017 – Feld G1 – ergebe. Danach belaufe sich die gemäß § 556d Abs. 1 BGB zulässige Höchstmiete auf EUR 639,85. Aufgrund der zulässig vereinbarten Vormiete in Höhe von EUR 774,23 schulde die Beklagte entsprechende Rückzahlungen für den streitgegenständlichen Zahlungszeitraum und es sei die Unwirksamkeit der über diesen Betrag hinausgehenden Miethöhe festzustellen. Die ursprünglich an die ….. GmbH abgetretenen Rückzahlungsansprüche wegen der Überzahlung für die Monate April bis Juni 2019 seien zwischenzeitlich an die Kläger zurückabgetreten worden; die Kläger verweisen insofern auf die Rückabtretungsvereinbarung vom 10.03.2021 (Anlage K2).

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 6.344,44 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. festzustellen, dass die zwischen dem Kläger und der Beklagten mit Mietvertrag vom 01.08.2016 über die an den Kläger vermietete Wohnung in … Berlin getroffene Vereinbarung der monatlichen Miete nach § 556g BGB unwirksam ist, soweit sie einen Betrag von EUR 774,23 übersteigt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Kläger bezüglich der Rückzahlung für die Monate April bis Juni 2019 infolge der Abtretung an die …. GmbH nicht aktivlegitimiert seien. Des Weiteren ist sie der Auffassung, dass der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch nicht bestehe, weil die Unwirksamkeit der einzelnen Mietstaffeln nicht gerügt worden sei. Das Rügeerfordernis für jede einzelne Staffel ergebe sich aus dem klaren Gesetzeswortlaut; Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen würden zu keinem anderen Ergebnis führen. Es liege zudem auch grundsätzlich keine wirksame Rüge durch die ….. GmbH vor. Außerdem seien die §§ 556d ff. BGB verfassungswidrig, weil nicht einmal die Vereinnahmung einer Kostenmiete sichergestellt sei, und die Berliner Mietenbegrenzungsverordnung sei unwirksam.

Am 04.11.2021 hat eine mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Gericht stattgefunden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die von den Parteien in das Verfahren eingebrachten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 04.11.2021 verwiesen.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist begründet.

1. Die Klage ist zulässig.

a) Die Klageanträge zu 1. und 2. waren gemäß §§ 133, 157 BGB (analog) dahingehend auszulegen, dass die geltend gemachten Zahlungs- und Feststellungsansprüche nicht nur zugunsten des Klägers zu 1), sondern auch zugunsten der Klägerin zu 2) geltend gemacht werden. Die Verwendung des Maskulinums und Singulars – auch in der Klageschrift – deutet zwar auf den ersten Blick auf etwas anderes hin. Bei verständiger Würdigung am Maßstab des objektiven Empfängerhorizontes erschließt sich jedoch unter Berücksichtigung des Aktivrubrums in der Klageschrift, der Begründung des Klagebegehrens sowie der unstreitigen Tatsache, dass beide Kläger sowohl Mieter als auch damalige Auftraggeber der ….. GmbH waren, dass die Anträge für beide Kläger gestellt werden.

b) Das für die Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO notwendige Feststellungsinteresse ist grundsätzlich gegeben. Dieses setzt grundsätzlich voraus, dass dem subjektiven Recht eines Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass der Beklagte es ernstlich bestreitet oder er sich eines Rechts gegen den Kläger berühmt, und wenn das erstrebte Urteil infolge seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (s. z.B. Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 256 ZPO Rn. 7 m.w.N.). Die Kläger begehren hier die Beseitigung der Unsicherheit über die zulässige Miethöhe, welche die Beklagte von ihnen verlangen kann. Für den Zeitraum bis einschließlich 30.11.2020 ist indes – gemäß der Begründung in der Klageschrift – die Leistungsklage erhoben worden, sodass die Feststellungsklage insoweit mangels Feststellungsinteresses unzulässig ist (vgl. dazu z.B. BGH, Urt. v. 21.12.1989 – IX ZR 234/88 = NJW-RR 1990, 1532). Der offen formulierte Feststellungsantrag ist vor diesem Hintergrund bei verständiger Würdigung indes so auszulegen, dass Gegenstand der Feststellungsklage der nicht bereits von der Leistungsklage erfasste Zeitraum ist.

Die begehrte Feststellung muss zudem ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis betreffen (s. dazu z.B. BGH, Urt. v. 13.03.2001 – VI ZR 290/00 = NJW-RR 2001, 957 m.w.N.; Becker-Eberhard, MüKo-ZPO, 6. Aufl. 2020, § 256 ZPO Rn. 30 ff.). Dies ist mit Blick auf das seit dem Jahr 2016 bestehende Mietverhältnis und die hierbei geltende Staffelmietvereinbarung grundsätzlich der Fall. Künftige Rechtsverhältnisse sind demgegenüber zwar nicht feststellungsfähig (s. dazu die Nachweise bei Becker-Eberhard, a.a.O., Rn. 31, Fn. 129). Ungeachtet der materiell-rechtlichen Bedeutung des § 557a Abs. 4 Sätze 1 und 2 BGB (s. dazu noch unter 2. a) ff)) liegt mit Blick auf künftige Mietstaffeln indes kein bloß künftiges Rechtsverhältnis vor, sondern es geht um das gegenwärtig bestehende Mietverhältnis zwischen den Parteien als Dauerschuldverhältnis und die hierbei vereinbarte Miethöhe. Die erst künftige Fälligkeit noch nicht entstandener (und nach künftiger Sach- und Rechtslage zu beurteilender) Zahlungen stellt demgegenüber lediglich eine Rechtsfolge aus einem bereits vorhandenen Rechtsverhältnis dar und ändert insoweit an der Gegenwärtigkeit nichts (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 19.11.2014 – VIII ZR 79/14, Rn. 26). So liegt es auch hier.

c) Die materielle Rechtskraft des in dem Verfahren 5 C 144/19 ergangenen Urteils gemäß § 322 ZPO erstreckt sich nicht auf den streitgegenständlichen Zeitraum. In jenem Verfahren wurde hinsichtlich Rückzahlungsansprüchen wegen überzahlter Miete lediglich für den Monat März 2019 sowie Rechtsverfolgungskosten entschieden.

2. Die Klage ist begründet.

a) Die Kläger haben einen Anspruch auf Zahlung gegen die Beklagte in Höhe von EUR 6.344,44 als überzahlte Miete für den Zeitraum vom 01.04.2019 bis 30.11.2020 gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, 556g Abs. 1 Sätze 1 bis 3, Abs. 2 a.F. (Fassung vom 18.12.2018, vgl. Art. 229 § 49 Abs. 2 Satz 2, § 51 EGBGB), 556d Abs. 1, 556e Abs. 1 Satz 1. Die vereinbarte monatliche Nettokaltmiete für die streitgegenständliche Wohnung ist im streitgegenständlichen Zeitraum überhöht gewesen, und zwar im Zeitraum vom 01.04.2019 bis zum 31.07.2019 in Höhe von EUR 285,25 monatlich, im Zeitraum vom 01.08.2019 bis zum 31.07.2020 in Höhe von EUR 317,03 monatlich und im Zeitraum vom 01.08.2020 bis zum 30.11.2020 in Höhe von EUR 349,77 monatlich.

aa) Die Kläger machen lediglich Zahlungsansprüche für den Zeitraum bis einschließlich 30.11.2020 geltend. Auf S. 7 der Klageschrift wird zwar der Zeitraum bis Februar 2021 genannt. Der Klageantrag zu 1. ist jedoch auf einen Zahlbetrag in Höhe von EUR 6.344,44 beschränkt, was rechnerisch der Summe der Überzahlungsbeträge für den Zeitraum vom 01.04.2019 bis 30.11.2020 entspricht. Gemäß § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO konnte den Klägern folglich nicht mehr zugesprochen werden.

bb) Die §§ 556d ff. BGB sind verfassungsgemäß. Die Bestimmung des § 556d Abs. 1 BGB stellt eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums des Vermieters dar, verletzt nicht die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Privatautonomie und greift mit der von ihr angeordneten Mietobergrenze auch nicht gleichheitswidrig in dessen Eigentum ein. Auch die Ausnahmeregelung des § 556e Abs. 1 Satz 1 BGB und die Stichtagsregelung des § 556f Satz 1 BGB stehen im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen (s. dazu BGH, Urt. v. 27.05.2020 – VIII ZR 45/19, juris-Rn. 79; BVerfG, Beschl. v. 18.07.2019 – 1 BvL 1/18, 1 BvL 4/18, 1 BvR 1595/18 = NJW 2019, 3054).

Soweit die Beklagte insbesondere die Begründung des BVerfG bezüglich der Zumutbarkeit bzw. Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (BVerfG, a.a.O., Rn. 68 ff.) beanstandet, vermag sie damit nicht durchzudringen. Die in dem von der Klägerin auf S. 4 ihrer Klageerwiderung vorgetragenen beispielhaften Erwägungen verdeutlichen zwar die im Einzelfall möglicherweise belastende Situation für einen Vermieter, für den eine kostendeckende Bewirtschaftung seines Eigentums durch Vermietung nicht gewährleistet ist. Die entgegenstehenden, ebenfalls grundrechtlich geschützten und gravierenden Belange, mit denen sich das BVerfG ausführlich auseinandergesetzt hat, rechtfertigen jedoch – unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums – die (typisierenden) gesetzlichen Regelungen. Das Vertrauen des Vermieters, die einmal aufgenommene Kreditschuld und die daraus folgenden Zins- und Tilgungslasten dauerhaft durch Mieteinnahmen vollständig decken zu können und so eine Veräußerung des Eigentums auch für den Fall eines eigenen notwendigen Umzugs nach außerhalb Berlins vermeiden zu können, überwiegt mit Blick auf die Sozialbindung des Eigentums und die hinter der Miethöhenregulierung stehenden Allgemein- und Individualinteressen nicht. Mit Blick auf das Rechenbeispiel der Beklagten wird dies auch daran deutlich, dass andernfalls – je nach Eigenkapitalquote und individuellen Darlehensbedingungen – eine höhere oder niedrigere Miete zulässig wäre. Dies würde einerseits ersichtlich Umgehungsgefahren (etwa durch entsprechend geschickte rechtliche Konstruktionen) schaffen und andererseits sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichheiten zwischen verschiedenen Vermietern vergleichbaren Wohnraums hervorrufen. Im Ergebnis ist der o.g. Rechtsprechung zur Verfassungsmäßigkeit der §§ 556d ff. BGB zu folgen.

cc) Die streitgegenständliche Wohnung liegt in einem durch Rechtsverordnung gemäß § 556d Abs. 2 BGB bestimmten Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt. Die Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 28.04.2015 („MietenbegrVO“) ist wirksam. Das Gericht hat gegenüber der Wirksamkeit der MietenbegrVO keine durchgreifenden Bedenken.

Die MietenbegrVO beruht auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage, die den Vorgaben des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entspricht (s. BGH, Urt. v. 27.05.2020 – VIII ZR 45/19, juris-Rn. 81 f.). Am 28.04.2015 lag der § 556d Abs. 2 Satz 1 BGB in der Fassung vom 21.04.2015, seinerseits in Kraft getreten am 28.04.2015, als Ermächtigungsgrundlage vor.

Die MietenbegrVO ist auch nicht deswegen nichtig, weil sie nicht in einer den Anforderungen des § 556d Abs. 2 Satz 5 bis 7 BGB gerecht werdenden Weise begründet worden wäre. Bezüglich der Anforderungen an das Begründungsgebot gemäß § 556d Abs. 2 Satz 5 bis 7 BGB verweist das Gericht zunächst auf die Ausführungen des BGH (Urt. v. 27.05.2020 – VIII ZR 45/19, juris-Rn. 84; Urt. v. 27.05.2020 – VIII ZR 292/19, juris-Rn. 6, 12; Urt. v. 17.07.2019 – VIII ZR 130/18 Rn. 34, 36 f.; s. auch LG Berlin, Urt. v. 10.10.2019 – 65 S 107/19, juris-Rn. 14; Urt. v. 30.10.2019 – 65 S 142/19, juris-Rn. 13), die sich das Gericht zu eigen macht. Demnach ist es nicht erforderlich, dass die Verordnungsbegründung – zusammen mit der Verordnung oder getrennt – im Gesetz- und Verordnungsblatt des jeweiligen Landes veröffentlicht wird. Es genügt vielmehr, dass sie der Öffentlichkeit in zumutbarer Weise an einer allgemein zugänglichen Stelle bekannt gemacht wird.

Mit Blick auf diese Anforderungen ist festzustellen, dass die MietenbegrVO (Verordnungs-Nr. 17/186) mitsamt ihrer Begründung vom Berliner Abgeordnetenhaus als Drucksache 17/2272 auf der Webseite des Abgeordnetenhauses veröffentlicht worden ist und somit eine Bekanntmachung durch eine amtliche Stelle vorliegt (BGH, Urt. v. 27.05.2020 – VIII ZR 45/19, juris-Rn. 86; Urt. v. 27.05.2020 – VIII ZR 292/19, juris-Rn. 14; LG Berlin, Urt. v. 10.10.2019 – 65 S 107/19, juris-Rn. 15 ff.; Urt. v. 30.10.2019 – 65 S 142/19, juris-Rn. 14 ff.). Die Veröffentlichung durch das Berliner Abgeordnetenhaus und nicht den Berliner Senat ist unschädlich (BGH, Urt. v. 27.05.2020 – VIII ZR 45/19, juris-Rn. 87; Urt. v. 27.05.2020 – VIII ZR 292/19, juris-Rn. 15).

Die Bekanntmachung ist über die URLs https://www.parlament-berlin.de/dokumente/drucksachen bzw. https://www.parlament-berlin.de/ados/17/Wiss/vorgang/w17-0107-v.pdf abrufbar, und die Verordnung nebst Begründung selbst ist abrufbar unter https://www.parlament- berlin.de/ados/17/IIIPlen/vorgang/verordnungen/vo17-186.pdf. Das Gericht konnte die vorstehenden URLs ohne weiteres selbst abrufen und die MietenbegrVO nebst Begründung auch über die einfache Eingabe der Suchbegriffskombination „Mietenbegrenzungsverordnung Berlin“ in gängigen Suchmaschinen ohne jegliche Schwierigkeiten und Zeitaufwand finden und ansteuern. Damit liegt auch die erforderliche leichte Zugänglichkeit vor (BGH, Urt. v. 27.05.2020 – VIII ZR 45/19, juris-Rn. 88; Urt. v. 27.05.2020 – VIII ZR 292/19, juris-Rn. 16). Dabei wird im Übrigen bei der Suchmaschine „Google“ Folgendes in den Suchergebnissen angezeigt:

……………..

Das ausgewiesene Datum „28.04.2015“ zeigt nach dem Kenntnisstand des Gerichts das bei Google hinterlegte Veröffentlichungsdatum.

Hinzu kommt, dass die 66. Zivilkammer des LG Berlin ausführlich und überzeugend dargelegt hat, dass die Vorgänge im Zusammenhang mit der Begründung der MietenbegrVO keine Hinweise auf eine mangelnde Veröffentlichung bereits vor Inkrafttreten der Verordnung zeigen würden und dass bereits in dem Anfang Mai 2015 erschienenen Heft 9 der Zeitschrift „Das Grundeigentum“ konkret auf die Begründung Bezug genommen worden ist (LG Berlin, Urt. v. 19.02.2020 – 66 S 143/19, juris-Rn. 22-26). Des Weiteren heißt es etwa auf S. 35 des vom BMJV herausgegebenen Dokuments „Die Regelungen zur zulässigen Miethöhe bei Mietbeginn in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten („Mietpreisbremse“) in der gerichtlichen Praxis“, dass das Land Berlin die zu der Mietenbegrenzungsverordnung vom 28.04.2015 gehörende Begründung zeitgleich auf seinem Internetauftritt veröffentlicht habe. Es wird dort auch die o.g. URL angegeben. In Klammerzusätzen findet sich dort die Angabe „Juli 2018“, wobei es sich um das Abrufdatum der Autoren jenes BMJV-Dokuments handelt. Überdies heißt es in einem Aufsatz im Heft 18/2018 der NZM (herausgegeben am 24.04.2018) ebenfalls, dass der Berliner Senat in einer im Internet abrufbaren Vorlage an das Berliner Abgeordnetenhaus die Begründung der MietenbegrVO zeitgleich mit Verordnungserlass veröffentlicht habe, und es wird wiederum die o.g. URL angegeben (Schuldt, NZM 2018, 257, 260, Fn. 41). Auch dem Amtsgericht Neukölln lag in einer Entscheidung bereits vom 08.09.2016 (11 C 414/15 = NZM 2017, 31) ersichtlich die Begründung der MietenbegrVO vor, da auf diese explizit Bezug genommen wurde (a.a.O. S. 34).

Die 65. Zivilkammer des LG Berlin erwähnte sodann in der hierzu ergangenen Berufungsentscheidung vom 29.03.2017 (65 S 424/16) explizit wiederum die o.g. URL (juris-Rn. 52). Auch in einer Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg vom 31.01.2018 (L 32 AS 1223/15) wird diese URL erwähnt (juris-Rn. 111).

Im Übrigen sind ergänzend die Überlegungen der 67. Zivilkammer des LG Berlin heranzuziehen, die unter Rückgriff auf die sogenannte „Kollegialgerichts-Richtlinie“ und das Erfordernis eines evidenten Verfahrensfehlers die Wirksamkeit der MietenbegrVO bestätigt hat, da wiederholt im Rahmen revisionsgerichtlicher Überprüfungen durch ein Kollegialgericht die formelle Wirksamkeit der MietenbegrVO festgestellt worden ist und aus diesem Grund kein evidenter Verlautbarungsmangel dieser Rechtsverordnung anzunehmen wäre (s. LG Berlin, Urt. v. 04.03.2021 – 67 S 309/20, juris-Rn. 18-21).

dd) Die gemäß § 556d Abs. 1 BGB zu ermittelnde ortsübliche Vergleichsmiete für die streitgegenständliche Wohnung liegt in dem für den Zahlungsanspruch maßgeblichen Zeitraum – insoweit zwischen den Parteien unstreitig – unterhalb der gemäß § 556e Abs. 1 BGB auf Basis der Vormiete zulässigen Miethöhe. Letztere beträgt EUR 774,23 nettokalt monatlich.

Demgegenüber beträgt die auf Basis des Berliner Mietspiegels 2017 errechnete zulässige Miethöhe gemäß § 556d Abs. 1 BGB EUR 639,85, auf Basis des Berliner Mietspiegels 2019 EUR 720,97 und auf Basis des Berliner Mietspiegels 2021 EUR 728,91.

Das Gericht geht diesbezüglich davon aus, dass einem einfachen Mietspiegel zwar nicht die dem qualifizierten Mietspiegel vorbehaltene Vermutungswirkung des § 558d BGB zukommt. Jedoch stellt der einfache Mietspiegel grundsätzlich ein ausreichendes Indiz dafür da, dass die dort angegebenen Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete zutreffend wiedergeben. Das Gericht verweist insofern auf die hierzu ergangene Rechtsprechung und macht sich die Begründung zu eigen (s. zum Mietspiegel 2015: LG Berlin, Urt. v. 07.12.2017 – 67 S 218/17; Urt. v. 29.03.2017 – 65 S 424/16; Urt. v. 07.07.2016 – 67 S 72/16; Urt. v. 09.08.2016 – 18 S 111/15; AG Schöneberg, Urt. v. 20.09.2017 – 7 C 118/17; AG Wedding, Urt. v. 05.07.2017 – 8a C 74/17; AG Neukölln, Urt. v. 16.08.2017 – 17 C 224/16; s. im Übrigen zu den Berliner Mietspiegeln: BGH, Urt. v. 18.11.2020 – VIII ZR 123/20; LG Berlin, Urt. 01.07.2020 – 65 S 19/20; Urt. v. 11.04.2019 – 67 S 21/19; Urt. v. 12.04.2018 – 67 S 328/17; Urt v. 14.02.2018 – 64 S 74/17; AG Charlottenburg, Urt. v. 03.06.2020 – 227 C 115/19; AG Spandau, Urt. v. 31.05.2018 – 10 C 507/17; VerfGH Berlin, Beschl. v. 16.05.2018 – 171/16).

Da auch die ortsübliche Vergleichsmiete nach dem Berliner Mietspiegel 2021 unterhalb des Vormietniveaus liegt, ist nicht entscheidungserheblich, ob auch dieser Mietspiegel – in gleicher Weise wie die vorherigen Mietspiegel – als Schätzgrundlage gemäß § 287 ZPO, § 558c BGB herangezogen werden kann (s. dazu AG Neukölln, Urt. v. 07.07.2021 – 13 C 43/21, juris-Rn. 34 ff.). Die Beklagte hat hiergegen auch keine spezifischen Einwendungen vorgebracht und es sind keine konkreten Anhaltspunkte für eine andere, höhere ortsübliche Vergleichsmiete für die streitgegenständliche Wohnung ersichtlich.

Auf Basis einer zulässigen monatlichen Nettokaltmiete in Höhe von EUR 774,23 ergeben sich monatliche Überzahlungen im Zeitraum vom 01.04.2019 bis zum 31.07.2019 in Höhe von EUR 285,25, im Zeitraum vom 01.08.2019 bis zum 31.07.2020 in Höhe von EUR 317,03 und im Zeitraum vom 01.08.2020 bis zum 30.11.2020 in Höhe von EUR 349,77. Dies summiert sich für den streitgegenständlichen Zahlungszeitraum vom 01.04.2019 bis 30.11.2020 auf EUR 6.344,44 auf.

ee) Den Zahlungsansprüchen der Kläger steht nicht § 398 Satz 2 BGB entgegen. Denn infolge der (rechtlich zulässigen) Rückabtretung durch Vereinbarung vom 10.03.2021 (Anlage K2) sind die Kläger als ursprüngliche Forderungsinhaber wieder als Zedenten Inhaber der streitgegenständlichen Forderungen geworden. Gegen die Wirksamkeit der Rückabtretung hat die Beklagte keine Einwendungen vorgebracht.

ff) Den Zahlungsansprüchen der Kläger steht auch nicht § 556g Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. (Fassung vom 18.12.2018, vgl. Art. 229 § 49 Abs. 2 Satz 2, § 51 EGBGB) i.V.m. § 557a Abs. 4 Satz 1 BGB entgegen.

Gemäß § 556g Abs. 2 Satz1 BGB a.F. kann der Mieter von dem Vermieter eine nach den §§ 556d und 556e nicht geschuldete Miete nur zurückverlangen, wenn er einen Verstoß gegen die Vorschriften dieses Unterkapitels gerügt hat und die zurückverlangte Miete nach Zugang der Rüge fällig geworden ist. Eine solche Rüge ist vorliegend in Form des Rügeschreibens vom 24.02.2019 (Anlage K1) gegeben für die bis zum 31.07.2019 geltende Mietstaffel gegeben. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die durch die ….. GmbH im Namen der Kläger ausgesprochene Rüge als hinreichendes Rügeschreiben im Sinne von § 556g Abs. 2, 4 BGB (a.F.) anzusehen (s. dazu auch BGH, Urt. v. 27.05.2020 – VIII ZR 45/19, juris-Rn. 91 ff.).

Die Kläger waren darüber hinaus auch nicht gehalten, die Unwirksamkeit der ab dem 01.08.2019 bzw. 01.08.2020 in Kraft getretenen Mietstaffeln jeweils erneut mit weiteren Rügeschreiben zu rügen.

Ausgangspunkt der Überlegungen ist der Wortlaut des § 557a Abs. 4 Satz 1 BGB:

„Die §§ 556d bis 556g sind auf jede Mietstaffel anzuwenden.“

Demnach ist festzustellen, dass sowohl die erste vereinbarte Miete wie auch alle folgenden Mieten grundsätzlich die ortsübliche Vergleichsmiete um nicht mehr als 10 % übersteigen dürfen. Es muss also sowohl für die Ausgangsmiete sowie für jede einzelne Staffelmieterhöhung die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete für vergleichbare Wohnungen festgestellt werden. Diese darf dann um 10 % überschritten werden. Nur die darüberhinausgehenden Beträge sind unwirksam (Börstinghaus, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl. 2021, § 557a BGB Rn. 70a f.; Emmerich, Staudinger BGB, Neubearb. 2021, § 557 BGB Rn. 13a). Für die dafür erforderliche Ermittlung der zulässigen Miethöhe tritt anstelle des Beginns des Mietverhältnisses im Rahmen der Ermittlung der nach § 556d Abs. 1 BGB zulässigen Miethöhe der Zeitpunkt, zu dem die erste Miete der jeweiligen (neuen) Mietstaffel fällig wird. Bei jedem Eintritt eines neuen Staffelbetrages ist also zugleich die Zulässigkeit dieses vereinbarten Betrages im Hinblick auf § 556d Abs. 1 BGB zu prüfen (Heilmann, in: Junker/Beckmann/Rüßmann, jurisPK-BGB Band 2, 9. Aufl. 2020, § 557a BGB Rn. 19).

Aus diesen Feststellungen folgt jedoch nicht das Erfordernis einer erneuten Rüge für jede einzelne Staffel.

Für ein solches Rügeerfordernis spricht zwar auf den ersten Blick der o.g. Wortlaut des § 557a Abs. 4 Satz 1 BGB, da dieser auch auf § 556g Abs. 2 Satz 1 BGB (a.F.) verweist. Allerdings folgt aus dem Verweis in § 557a Abs. 4 Satz 1 BGB auf das Rügeerfordernis bei genauerem Hinsehen nicht, dass jede Staffel einzeln gerügt werden muss. Denn es muss zwar gemäß § 556g Abs. 2 Satz 1 BGB ein Verstoß gegen die Vorschriften des Unterkapitels 1a (= §§ 556d bis 556g BGB) gerügt worden sein und die zurückverlangte Miete muss nach Zugang der Rüge fällig geworden sein. Zudem war für Mietverträge, die vor dem 01.01.2019 abgeschlossen worden, eine qualifizierte Rüge erforderlich, sodass die Tatsachen, auf denen die Beanstandung beruht, in der Rüge enthalten sei mussten (s. dazu Börstinghaus, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl. 2021, § 556g BGB Rn. 18 ff.). Liegen diese Voraussetzungen – wie hier durch das Rügeschreiben vom 24.02.2019 – aber vor, ist dem grundsätzlichen Rügeerfordernis durch die einmalige Rüge Genüge getan worden. Denn es ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut nicht, dass auf eine erste Rüge im Falle einer Staffelmietvereinbarung weitere Rügen folgen müssten. Schließlich ist in § 556g Abs. 2 BGB (a.F.) auch nicht geregelt, wann und für welchen Zeitpunkt eine Rüge erfolgen muss. Normiert ist lediglich, dass eine Rüge (einmal) ausgesprochen worden sein muss.

Darüber hinaus ist der Wortlaut als Ausgangspunkt jeder Auslegung zwar ein wichtiger Anhaltspunkt, nach der klassischen Auslegungs- und Methodenlehre allerdings um weitere Auslegungsmethoden, insbesondere die teleologische und systematische Auslegung unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens zu ergänzen. Dabei erlangt insbesondere der Sinn und Zweck der §§ 556d ff. BGB besondere Bedeutung. Diese Regelungen zielen auf die Begrenzung des Miethöhenniveaus ab, sofern ein durch Rechtsverordnung gemäß § 556d Abs. 2 BGB bestimmtes Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt vorliegt. Ergänzend dazu ist § 557a Abs. 4 BGB mit dem Ziel geschaffen worden, faktische Umgehungen der §§ 556d ff. BGB durch Staffelmietvereinbarungen zu verhindern (BT-Drucks. 18/3121, S. 34).

Das grundsätzliche Risiko unzulässig hoher Mieten trifft demnach gemäß der gesetzlichen Zielrichtung – auch bei einer Staffelmietvereinbarung – dauerhaft den Vermieter. Zwar obliegt dem Mieter in diesem Regelungskontext gemäß § 556g Abs. 2 BGB (a.F.) die Rüge unzulässiger Mieten, sofern und soweit er Rückzahlungsansprüche geltend machen will. Das kann aber nicht zu einer zusätzlichen Risikoverschiebung zulasten des Mieters im Falle von Staffelmietvereinbarungen führen. Deutlich machte dies der Gesetzgeber selbst, indem er festhielt:

„Allerdings bedarf es für die weiteren Mietstaffeln einer Modifizierung: In zeitlicher Hinsicht tritt nach Absatz 4 Satz 2 bei der Ermittlung der jeweils zulässigen Miete an die Stelle des Beginns des Mietverhältnisses der Zeitpunkt der ersten Fälligkeit der jeweiligen Staffel.“

Damit wurde ausdrücklich klargestellt, dass nur zur Ermittlung der zulässigen Miete in zeitlicher Hinsicht eine Modifizierung vorzunehmen ist. Auch der Wortlaut des § 557a Abs. 4 Satz 2 BGB („Berechnung“ und „Zeitpunkt“) spiegelt dies wieder. Dies ist offensichtlich in dem Kontext des kurz zuvor in der Gesetzesbegründung erwähnten Sinn und Zwecks des § 557a Abs. 4 BGB zu sehen, faktische Umgehungen der §§ 556d ff. BGB durch Staffelmietvereinbarungen zu vermeiden. Nur aus diesem Grunde ist eine Modifizierung in zeitlicher Hinsicht erforderlich. Eine weitergehende zeitliche Modifizierung dahingehend, dass – zulasten des Mieters – zeitlich gestaffelte wiederholte Rügen erforderlich sind, ist mit diesem Sinn und Zweck nicht in Einklang zu bringen. Würde dem Mieter abverlangt, in einem – möglicherweise Jahrzehnte andauernden – Dauerschuldverhältnis jede einzelne (jährliche) Staffel erneut – jeweils rechtzeitig – zu rügen und andernfalls berechtigter Rückzahlungsansprüche verlustig zu gehen, könnte ein Vermieter durch eine Staffelmietvereinbarung dem Mieter die Durchsetzung der Rechte gemäß §§ 556d ff. BGB mitunter erheblich erschweren. Gerade dies wollte der Gesetzgeber ersichtlich nicht.

Es obliegt daher – nach einer einmal ausgesprochenen berechtigten Rüge des Mieters – dem Vermieter, die Miete nur noch in rechtlich zulässiger Höhe zu verlangen und dies gegebenenfalls durch eine ausdrückliche vertragliche Anpassung festzuhalten. Der Vermieter hat schließlich Kenntnis von der Beanstandung der Miethöhe und darf somit nicht mehr berechtigterweise dauerhaft auf die Zulässigkeit der einmal getroffenen Vereinbarung zur Miethöhe vertrauen. Der Aspekt des Vertrauens bzw. der Redlichkeit des Vermieters als Hintergrund des Rügeerfordernisses wird wiederum in der Gesetzesbegründung zu § 556g Abs. 2 BGB (a.F.) betont (BT-Drucks., 18/3121, S. 33).

Für den vorstehenden Befund spricht auch, dass es für einen Rückzahlungsanspruch unschädlich wäre, wenn der Mieter die zulässige Miethöhe unzutreffend berechnen und demnach in seinem Rügeschreiben „zu viel“ Überzahlung verlangen würde. Auch dann läge eine gemäß § 556g Abs. 2 BGB (a.F.) hinreichende Rüge vor und der Vermieter hätte kein Recht zum Behalten der nach Rüge erfolgten Überzahlungen.

Verdeutlicht wird dies durch eine weitere Überlegung: Für vor dem 31.12.2018 abgeschlossene Mietvereinbarungen galt das Erfordernis einer qualifizierten Rüge, Art. 229 EGBGB § 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 556g Abs. 2 BGB a.F. Würde nun das qualifizierte Rügeerfordernis auf jede einzelne Mietstaffel dauerhaft fortgesetzt, müsste ein Mieter mit einer vor dem 01.01.2019 abgeschlossenen Staffelmietvereinbarung jede Staffel künftig auf Dauer qualifiziert rügen, auch wenn der jeweilige Mietstaffelbeginn (deutlich) nach dem 31.12.2018 liegt, wohingegen Mieter in nach dem 31.12.2018 entstandenen Mietverhältnissen lediglich einfach rügen müssen. Für eine solche Ungleichbehandlung sind keine hinreichenden sachlichen Gründe ersichtlich.

Das Vorstehende gilt jedenfalls dann, wenn die einmal ausgesprochene Rüge auch für weitere Mietstaffeln uneingeschränkt eine Beanstandung der Miethöhe darstellt. So liegt es hier. Eine „Erneuerung“ oder „Aktualisierung“ der Rüge war mit Blick auf die Folgestaffeln nicht erforderlich. Denn sämtliche Mietstaffeln liegen oberhalb des Vormietniveaus in Höhe von EUR 774,23 monatlich. Gleichzeitig war mit dem Rügeschreiben vom 24.02.2019 eine Miethöhe gerügt worden, die unterhalb der Höhe dieser später unstreitig festgestellten zulässigen Vormiete (§ 556e Abs. 1 BGB) liegt. Die Klägerin in dem Verfahren 5 C 144/19 hatte folglich auch – nach Auskunftserteilung der hiesigen Beklagten zur Vormiethöhe – die Zahlungsklage insoweit zurückgenommen, als der ursprünglich geltend gemachte Zahlungsbetrag die Differenz zwischen der vereinbarten Miete einerseits und der Vormiete in Höhe von EUR 774,23 andererseits überschritten hatte. Von daher erhellt, dass eine weitere Rüge der Kläger zwecklos gewesen wäre. Die Beklagte konnte und durfte nicht damit rechnen, dass die Kläger die vereinbarte Miethöhe gemäß der Staffelmietvereinbarung für den Zeitraum ab dem 01.08.2019 bzw. 01.08.2020 akzeptieren würden, nachdem sie erkennbar den Standpunkt eingenommen hatten und diesbezüglich in dem Verfahren 5 C 144/19 Recht bekommen hatten, dass eine monatliche Nettokaltmiete lediglich auf dem Vormietniveau in Höhe von EUR 774,23 geschuldet ist. Daran könnte sich offensichtlich erst dann etwas ändern, sobald die gemäß § 556d Abs. 1 BGB zulässige Miete die gemäß § 556e Abs. 1 BGB zulässige Miete bei einer künftigen Mietstaffel übersteigt (oder sofern die nunmehr gegebene Anwendbarkeit einer anderen Ausnahmebestimmung zu einer höheren zulässigen Miete führt). Dies ist hier – wie bereits festgestellt – für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht der Fall und die Beklagte hätte auch keinen berechtigten Grund zu einer entsprechenden Annahme. Die nach § 556d Abs. 1 BGB zulässige Miete kann sie zudem ohne weiteres selbst berechnen. Demzufolge können Überlegungen, die schutzwürdige Vermieterinteressen, insbesondere Vertrauensschutz, in den Vordergrund stellen, ersichtlich jedenfalls so lange nicht verfangen, als es keine konkreten Anhaltspunkte für eine das Vormietniveau übersteigende zulässige ortsübliche Vergleichsmiete gibt. So liegt es hier.

b) Der Zinsanspruch auf die vorstehend festgestellte Forderung ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1, 187 Abs. 1 (analog) BGB.

c) Die Kläger haben einen Anspruch auf Feststellung gemäß §§ 556g Abs. 1 Sätze 1 und 2 a.F. (Fassung vom 18.12.2018, vgl. Art. 229 § 49 Abs. 2 Satz 2, § 51 EGBGB), 556d Abs. 1, 556e Abs. 1 Satz 1, dass die für die streitgegenständliche Wohnung vereinbarte Nettokaltmiete derzeit unwirksam ist, soweit sie einen Betrag in Höhe von EUR 774,23 monatlich übersteigt.

Der Feststellungsanspruch ergibt sich im Wesentlichen aus den vorstehenden Ausführungen unter a). Der Ausspruch zur Feststellung war indes auf die derzeitige Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung zu beschränken und dies entsprechend in der Tenorierung klarzustellen. Denn das Gericht kann über die Wirksamkeit der zwischen den Parteien vereinbarten Miethöhe auf Basis der Staffelmietvereinbarung lediglich mit Blick auf solche Mietstaffeln entscheiden, deren zulässige Höhe im Zeitpunkt der Entscheidung abschließend beurteilt werden kann. So ist gemäß §§ 557a Abs. 4 Satz 2, 556d ff. BGB jeweils der erste Fälligkeitszeitpunkt der jeweiligen Mietstaffel maßgeblich. Demnach ist nach den vorstehenden Ausführungen unter a) eine Entscheidung über vergangene, gegenwärtige sowie vom Mietspiegel 2021 noch erfasste Zeiträume möglich. Für Zeiträume, die in den Anwendungsbereich eines möglichen Berliner Mietspiegels 2023 mit Stichtag 01.09.2022 fallen, kann demgegenüber keine Beurteilung der gemäß § 556d Abs. 1 BGB zulässigen Miete getroffen werden.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.

IV. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 40, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, §§ 3, 5, 9 Satz 1 ZPO.

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