Wasserrohrbruch in Gewerbeimmobilie: Mieter verliert Recht auf Mietminderung und muss Räumen
Ein Wasserrohrbruch in einer Gaststätte führte zu einem komplexen Rechtsstreit zwischen Vermieter und Mieter. Im Kern ging es um die Frage, ob der Mieter aufgrund des Schadens ein Recht auf Mietminderung oder Leistungsverweigerung hatte und ob er die Räumlichkeiten räumen muss. Der Fall wurde vor dem Landgericht Köln verhandelt, und das Urteil bietet interessante Einblicke in die Rechte und Pflichten von Mietern und Vermietern bei Gewerbeimmobilien.
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Übersicht
Mieter lehnt Sanierungsmaßnahmen ab
Nach dem Wasserrohrbruch war die Gaststätte nicht mehr nutzbar. Der Vermieter beauftragte ein Reinigungsunternehmen, um die Schäden zu beheben. Der Mieter jedoch lehnte die Durchführung der Arbeiten ab und wollte die Reinigungsarbeiten lieber selbst durchführen. Dies führte dazu, dass der Vermieter ihm fristgerecht kündigte und Räumungs- sowie Zahlungsansprüche geltend machte.
Verzögerung der Schadensbeseitigung
Der Mieter war der Ansicht, dass der Vermieter in Vorleistung treten müsse, da der Wasserrohrbruch in dessen Verantwortungsbereich liege. Er fühlte sich von seinen Zahlungsverpflichtungen entbunden, da ihm das Mietobjekt nicht zur Verfügung stand. Der Vermieter argumentierte jedoch, dass der Mieter die Schadensbeseitigungsmaßnahmen behindert und somit seine Pflichten verletzt habe.
Vertragliche Regelungen und ihre Auswirkungen
Ein interessanter Aspekt des Falles war die vertragliche Regelung, die besagte, dass der Mieter nur dann mit Gegenansprüchen aufrechnen oder ein Minderungsrecht geltend machen könne, wenn diese von der Vermieterin anerkannt oder rechtskräftig festgestellt sind. Das Gericht fand jedoch, dass diese Klausel den Mieter unangemessen benachteiligt und somit unwirksam ist.
Urteil und seine Konsequenzen
Das Gericht entschied, dass der Mieter die Räumlichkeiten räumen muss, da er die Schadensbeseitigungsmaßnahmen behindert habe. Er verlor sein Recht auf Leistungsverweigerung und Mietminderung. Allerdings wurde der Zahlungsanspruch des Vermieters abgewiesen, da das Mietobjekt aufgrund des Wasserrohrbruchs nicht nutzbar war und die vertragliche Regelung unwirksam ist.
Dieser Fall zeigt, wie wichtig es ist, die Rechte und Pflichten im Mietverhältnis genau zu kennen und wie komplex die Rechtslage bei Gewerbeimmobilien sein kann. Es unterstreicht auch die Bedeutung von klaren und fairen vertraglichen Regelungen für beide Parteien.
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Das vorliegende Urteil
Landgericht Köln – Az.: 17 O 273/19 – Urteil vom 21.10.2020
Der Beklagte wird verurteilt, das Mietobjekt M Straße 181, #### L, gelegen im Erdgeschoss links (Einheit 002-002), bestehend aus einer Gaststätte mit Gastraum inkl. Fassbieraufzug, 2 Personal WCs, Personaldusche, Personalumkleide, Küche, Kühlhaus, 2 Kundentoiletten (Damen sowie Herren), Vorratskeller, Biereinwurf Keller, Getränke-Kühlhaus/Keller vollständig geräumt an die Klägerin herauszugeben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Klägerin macht gegen den Beklagten Räumungs- und Zahlungsansprüche aus und im Zusammenhang mit einem Gewerberaummietvertrag geltend.
Die Klägerin ist Eigentümerin des streitbefangenen Mietobjekts M Straße 181, #### L , gelegen im Erdgeschoss links (Einheit 002-002), bestehend aus einer Gaststätte mit Gastraum inkl. Fassbieraufzug, 2 Personal WCs, Personaldusche, Personalumkleide, Küche, Kühlhaus, 2 Kundentoiletten (Damen sowie Herren), Vorratskeller, Biereinwurf Keller, Getränke-Kühlhaus/Keller.
Über das Mietobjekt bestand ursprünglich ein Mietvertrag mit einem Herrn G (Anlage K1). Der Beklagte trat mit der als Anlage K2 vorgelegten Nachtragsvereinbarung vom 18.10.2017 mit Wirkung zum 01.11.2017 anstelle des Herrn G in das Mietverhältnis ein. Die monatliche vereinbarte Grundmiete betrug zuletzt 2.250,00 EUR zzgl. einer Betriebskostenvorauszahlung von 1.000,00 EUR und eines Mietzuschlags von 30,00 EUR, mithin insgesamt 3.280,00 EUR monatlich. Die Mietzahlung ist monatlich im Voraus, spätestens bis zum 03. Werktag eines jeden Monats, zu zahlen. § 6 des Mietvertrages enthält folgende Regelung:
„Gegenüber allen Forderungen des Vermieters aus dem Mietverhältnis können die Mieter mit Gegenansprüchen nur aufrechnen oder ein Minderungs- bzw. Zurückbehaltungsrecht geltend machen, wenn die Gegenansprüche oder das Minderungsrecht- bzw. Zurückbehaltungsrecht von der Vermieterin anerkannt oder rechtskräftig festgestellt sind. Eine Aufrechnung oder die Geltendmachung eines Minderungs- bzw. Zurückbehaltungsrecht ist mit einer Frist von einem Monat der Vermieterin schriftlich zuvor anzukündigen.“
In der Nacht vom 01.08.2019 auf den 02.08.2018 kam es in dem Mietobjekt zu einem Wasserrohrbruch, durch den Fäkalwasser in die streitbefangene Mieteinheit eindrang, die hierdurch nicht mehr nutzbar war. Insbesondere wurde die dort von dem Beklagten installierte Zwischendecke beschädigt.
Die Hausverwaltung informierte den Beklagen am 04.10.2018 darüber, dass er Schäden an seinem Inventar, sowie den Betriebsausfall über eine eigene Versicherung geltend machen müsse und der Gebäudeversicherer der Klägerin für die Schäden an Dach und Fach sowie die Trocknung des Objekts, die Desinfektion und Reinigung zuständig sei. Insbesondere müsse der Beklagte zunächst die von ihm eingebaute Zwischendecke entfernen lassen, damit das von der Klägerin zu beauftragende Reinigungsunternehmen das Objekt säubern könne.
Am 09.10.2018 forderte die Hausverwaltung den Beklagten nochmals auf, sich zu melden, sobald die Zwischendecke abgerissen sei, damit die Grundreinigung des Objekts bestellt und durchgeführt werden könne. Der Beklagte antwortete hierauf am 10.10.2018, dass er sich an einen Rechtsanwalt gewandt habe, um eine Regulierung durch seine Versicherung herbeiführen zu lassen. Er bestätigte zudem, dass sich der von der Klägerin beauftragte Schadensgutachter bei ihm gemeldet habe.
Der Beklagte teilte der Hausverwaltung am 30.01.2019 mit, dass er die Reinigungsarbeiten lieber selbst durchführen wolle, was die Hausverwaltung ablehnte. Am 11.01.2019 erschien die von der Klägerin beauftragte T GmbH mit einem Bauleiter und sechs Mitarbeitern vor Ort, um Öfen, Kühltheken, Beleuchtung und Lüftung im Schadensbereich zu demontieren und anschließend mit den Sanierungsarbeiten zu beginnen. Der Beklagte lehnte die Durchführung der Arbeiten ab, woraufhin das Reinigungsunternehmen sich zurückzog.
Am 24.01.2019 übersandte die Hausverwaltung dem Beklagten erneut die Kontaktdaten des Reinigungsunternehmens T mit der Bitte, einen Termin zur Grundreinigung zu vereinbaren.
Mit Schreiben vom 24.05.2019 kündigte die von der Klägerin beauftragten Hausverwaltung C & Co. GmbH das Mietverhältnis gegenüber dem Beklagten schriftlich unter Fristsetzung zum 31.05.2019 und stützte diese Kündigung auf einen Zahlungsrückstand von insgesamt 23.390,50 EUR. Die C & Co. GmbH forderte den Beklagten mit einem weiteren Schreiben vom 19.06.2019 unter Fristsetzung zum 26.06.2019 zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 3.958,90 EUR auf. Zur Zusammensetzung des Zahlungsrückstandes und der geltend gemachten Zahlung wird auf die Forderungsaufstellung in der Anlage K5 Bezug genommen. Dass der Beklagte die dort aufgeführten Zahlungen nicht erbrachte, ist zwischen den Parteien unstreitig.
Der Beklagte führte in der Folge in Eigenregie Reinigungs- und Instandsetzungsarbeiten durch und eröffnete das von ihm in dem Mietobjekt betriebene Restaurant Ende Juli 2019 wieder.
Die Klägerin behauptet, dass sie dem Beklagten das Mietobjekt spätestens im Februar 2019 wieder vollständig gereinigt und desinfiziert hätte zur Verfügung stellen können, wenn der Beklagte die Durchführung der Reinigungsarbeiten nicht behindert hätte.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte seine Pflichten durch die Nichtvornahme der von ihm geschuldeten Arbeiten verletzt und hierdurch die Verzögerung der Schadensbeseitigungsmaßnahmen verhindert habe. Der Beklagte sei zudem mit einem etwaigen Minderungs- oder Zurückbehaltungsrecht aufgrund der Regelung in § 6 des Mietvertrages ausgeschlossen.
Die Klägerin beantragt mit der dem Beklagten am 28.08.2019 zugestellten Klage,
1.) den Beklagten zu verurteilen, das Mietobjekt M Straße 181, ##### L , gelegen im Erdgeschoss links (Einheit 002-002), bestehend aus einer Gaststätte mit Gastraum inkl. Fassbieraufzug, 2 Personal WCs, Personaldusche, Personalumkleide, Küche, Kühlhaus, 2 Kundentoiletten (Damen sowie Herren), Vorratskeller, Biereinwurf Keller, Getränke-Kühlhaus/Keller vollständig geräumt an die Klägerin herauszugeben;
2.) den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 3.958,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass die Klägerin mit der Schadensbeseitigung in Vorleistung hätte treten müssen, da der Wasserrohrbruch in ihrem Verantwortungsbereich gelegen habe. Da ihm das Mietobjekt nicht zur Verfügung gestanden habe, sei er von seinen Zahlungsverpflichtungen entbunden gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
1.) Die Klage ist hinsichtlich des mit dem Antrag zu 1) verfolgten Räumungsanspruchs begründet. Der Klägerin stand ein Recht zur außerordentlichen Kündigung des streitbefangenen Gewerberaummietverhältnisses gemäß § 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 a) BGB zu.
Gemäß § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich kündigen. Nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB liegt ein wichtiger Grund insbesondere vor, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist. Der Beklagte hat unstreitig die Monatsmieten für Februar 2019 bis Juni 2019 nicht fristgerecht gezahlt.
Der Beklagte kann für diesen Zeitraum auch kein Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich der Mietzahlungen geltend machen. Dem Beklagten stand ab Februar 2019 ein Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich der Mietzahlung schon deshalb nicht mehr zu, weil er die Beseitigung der Mängel durch das von der Klägerin beauftragte Reinigungsunternehmen abgelehnt hat (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – VIII ZR 96/09). Es widerspricht dem Zweck des Leistungsverweigerungsrechts nach § 320 BGB, wenn der Gläubiger einerseits Druck auf den Schuldner ausübt, um diesen zur Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten anzuhalten, er andererseits aber dem Schuldner die Erfüllung dieser Pflichten nicht ermöglicht, indem er die Erfüllung – hier in Gestalt der Mängelbeseitigung – ablehnt. Das Leistungsverweigerungsrecht (§ 320 Abs. 1 Satz 1 BGB) erfüllt den Zweck, den Vermieter durch den dadurch ausgeübten Druck zur Mangelbeseitigung anzuhalten und kann deshalb redlicherweise nicht mehr ausgeübt werden, sondern entfällt, wenn dieser Zweck verfehlt wird oder nicht mehr erreicht werden kann. Deshalb endet das Zurückbehaltungsrecht nicht nur bei der Beseitigung des Mangels, sondern auch, wenn der Mieter dem Vermieter beziehungsweise den von ihm mit der Prüfung und Beseitigung der Mängel beauftragten Personen den Zutritt zu den Räumlichkeiten nicht gewährt oder sonst die Duldung der Mangelbeseitigung verweigert (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – VIII ZR 96/09). In all diesen Fällen kann das Zurückbehaltungsrecht die Funktion, den Vermieter zur Mängelbeseitigung anzuhalten, offensichtlich nicht mehr erfüllen und werden die zurückbehaltenen Beträge in ihrer Gesamtheit grundsätzlich sofort zur Zahlung fällig (BGH, Urteil vom 10. April 2019 – VIII ZR 12/18 –, Rn. 40 – 41, juris).
Zwar war das streitbefangene Objekt auch in diesem Zeitraum unstreitig nicht nutzbar. Ab Februar 2019 hätte die Klägerin dem Beklagten das Mietobjekt jedoch vollständig gereinigt und desinfiziert zur Verfügung stellen können, wenn dieser die Durchführung der Arbeiten durch das von der Klägerin beauftragte Reinigungsunternehmen zugelassen hätte. Dem entsprechenden Vortrag der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 11.11.2019 (Bl. 26 d.A.) ist der Beklagte nicht entgegengetreten.
2.) Der Klageantrag zu 2) ist hingegen, selbst wenn man den Klägervortrag als unstreitig zugrunde legen würde, unbegründet, worauf das Gericht bereits mit Verfügung vom 15.06.2020 (Bl. 63 d.A.) hingewiesen hat.
Die Klägerin trägt selbst vor, dass bei einer ordnungsgemäßen Mitwirkung des Beklagten das Mietobjekt hätte „bereits im Februar 2009 vollständig gereinigt und desinfiziert zur Verfügung gestellt werden können“. Insoweit ist nicht ersichtlich, worauf die Klägerin die Zahlung der Mieten für die Monate Oktober 2018 bis einschließlich Januar 2019 stützen möchte. Das Mietobjekt war in diesem Zeitraum aufgrund des aufgetreten Wasserrohrbruchs unstreitig nicht nutzbar.
Die Klägerin kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht erfolgreich auf die Regelung in § 6 des Mietvertrages stützen. Die entsprechende Klausel hält in dieser Form als Allgemeine Geschäftsbedingung einer Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB, auch im kaufmännischen Verkehr, nicht stand. Die Regelung macht die Zulässigkeit der Aufrechnung auch mit unbestrittenen Gegenforderungen von deren Anerkennung durch die Klägerin abhängig. Die Klausel stellt es damit in das Belieben der Klägerin, selbst unbestrittenen Gegenforderungen ihrer Vertragspartner die Anerkennung zu versagen und deren Aufrechnungsbefugnis im Ergebnis auf rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen zu beschränken. Eine derartige empfindliche Verkürzung der Gegenrechte ihrer Vertragspartner benachteiligt diese entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unwirksam (vgl. BGH, Urteil vom 01. Dezember 1993 – VIII ZR 41/93 –, juris).
3.) Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 709 Satz 1 und 2 ZPO.
Der Streitwert wird auf 105.208,90 EUR festgesetzt.