Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- OLG Frankfurt: Klausel zur Kündigung bei Gesellschafterwechsel in Hotelpachtvertrag unwirksam
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet eine Change-of-Control-Klausel in Miet- oder Pachtverträgen?
- Unter welchen Umständen kann eine Change-of-Control-Klausel in einem Miet- oder Pachtvertrag unwirksam sein?
- Welche Rolle spielt die „Person des Mieters/Pächters“ bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer Change-of-Control-Klausel?
- Was sind die rechtlichen Konsequenzen eines ungenehmigten Gesellschafterwechsels in einer Pächter-GmbH?
- Welche anderen Gründe neben einem Gesellschafterwechsel können zu einer außerordentlichen Kündigung eines Miet- oder Pachtvertrags führen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 2 U 35/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Frankfurt
- Datum: 21.02.2025
- Aktenzeichen: 2 U 35/24
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Miet- und Pachtrecht, Vertragsrecht, AGB-Recht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Begehrten die Räumung von Hotelräumen durch die Beklagte und stützten ihre Kündigung hauptsächlich auf einen Wechsel der Gesellschafter und des Geschäftsführers bei der Beklagten ohne ihre Zustimmung.
- Beklagte: War Pächterin der Hotelräume, widersprach der Kündigung und beantragte Klageabweisung, da sie die Kündigung als unwirksam ansah.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Kläger hatten einen Pachtvertrag für Hotelräume mit der Beklagten geschlossen. Nachdem ohne Zustimmung der Kläger die Gesellschafter und der Geschäftsführer der Beklagten wechselten, kündigten die Kläger den Vertrag außerordentlich.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob dieser Wechsel der Gesellschaftsanteile und des Geschäftsführers einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellte und ob eine Vertragsklausel, die eine Zustimmung des Verpächters für solche Änderungen verlangt, wirksam ist.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht änderte das Urteil der Vorinstanz ab. Die Klage auf Räumung wurde abgewiesen.
- Begründung: Das Gericht entschied, dass der Wechsel der Gesellschafter und des Geschäftsführers einer GmbH rechtlich keine Gebrauchsüberlassung der Pachtsache an einen Dritten ist. Die Vertragsklausel, die hierfür eine Zustimmung vorsah, wurde als unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung eingestuft, da sie den Pächter unangemessen benachteiligte.
- Folgen: Die von den Klägern ausgesprochene außerordentliche Kündigung war unwirksam. Die Beklagte muss die Hotelräume nicht räumen.
Der Fall vor Gericht
OLG Frankfurt: Klausel zur Kündigung bei Gesellschafterwechsel in Hotelpachtvertrag unwirksam
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat in einem Berufungsverfahren entschieden, dass eine Klausel in einem Hotelpachtvertrag, die dem Verpächter ein Kündigungsrecht bei einem Wechsel der Gesellschafter der pachtenden GmbH einräumt, unter bestimmten Umständen unwirksam sein kann. Die außerordentliche Kündigung des Pachtvertrages, die auf eine solche Klausel gestützt wurde, wurde vom Gericht für unwirksam erklärt.
Der Streit um das Hotel X1: Pachtvertrag und Gesellschafterwechsel

Die Kläger, zwei Privatpersonen (im Folgenden gemeinsam als „die Verpächter“ bezeichnet, einzeln als „der Kläger zu 1)“ und „die Klägerin zu 2)“), verlangten von der beklagten Gesellschaft mit beschränkter Haft (im Folgenden „die Pächter-GmbH“) die Räumung und Herausgabe von Hotelräumlichkeiten in Stadt1. Grundlage war ein schriftlicher Vertrag vom 15. Dezember 2022, der zwar als „Mietvertrag für gewerblich genutzte Räume und Grundstücke“ überschrieben war, aber 33 Hotelzimmer, Konferenz- und Lagerräume umfasste. Das Vertragsverhältnis für das Hotel „X1“ sollte am 1. Januar 2023 beginnen und für 60 Monate bis zum 31. Dezember 2027 fest abgeschlossen sein, mit einer Option zur Verlängerung. Das monatliche Nutzungsentgelt betrug anfangs 13.500 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer und einer Betriebskostenvorauszahlung von 250 Euro. Durch einen Nachtrag wurde dieses Entgelt später vorübergehend auf 11.000 Euro gesenkt.
Eine zentrale Rolle im Streit spielte § 10 Ziffer 2 Satz 3 des Vertrages. Diese Klausel bestimmte: „Bei Firmen gilt ein Wechsel des Inhabers oder eine Änderung der Rechtsform als Gebrauchsüberlassung. Die Einwilligung soll schriftlich erfolgen.“ Einfach ausgedrückt: Wenn sich bei der Firma, die pachtet, der Eigentümer ändert oder die Firma eine andere Rechtsform bekommt, wird dies so behandelt, als würde die Nutzung an eine komplett andere Person oder Firma weitergegeben. Hierfür sei die schriftliche Zustimmung der Verpächter notwendig. Zusätzlich verwies § 23 des Vertrages auf einen „Geist der Einvernehmlichkeit zwischen allen Pächtern des X1“.
Ursprünglich war Herr A alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Pächter-GmbH. Am 25. Januar 2023 verkaufte Herr A 50 % seiner Gesellschaftsanteile an Herrn B. Am 3. März 2023 übertrug Herr A auch die restlichen Anteile an Herrn B, der somit alleiniger Gesellschafter und neuer Geschäftsführer der Pächter-GmbH wurde. Diese Änderung wurde am 14. März 2023 im Handelsregister eingetragen. Bereits am 3. März 2023 hatte der Kläger zu 1) die Hotelführung per E-Mail beanstandet, insbesondere das Fehlen eines Frühstücksangebots. Herr B stellte sich den Verpächtern erst mit einem Schreiben vom 28. April 2023 offiziell vor.
Mit Schreiben vom 24. Mai 2023 und 1. Juni 2023 kündigten die Verpächter das Vertragsverhältnis außerordentlich. Ihre Kündigung stützten sie hauptsächlich auf einen Verstoß gegen die genannte Klausel in § 10 Ziffer 2 Satz 3 des Vertrages. Sie argumentierten, dass der Wechsel der Gesellschafter und des Geschäftsführers ohne ihre vorherige Einwilligung erfolgt sei. Die Klausel sei eine wirksame sogenannte „Change-of-Control-Klausel„. Eine solche Klausel soll dem Vertragspartner (hier den Verpächtern) Kontrolle darüber geben, wer auf der anderen Seite die Fäden in der Hand hält. Die Verpächter betonten, die Person des ursprünglichen Hoteliers (Herr A) sei ihnen bei Vertragsabschluss aufgrund seiner Zuverlässigkeit und Erfahrung besonders wichtig gewesen. Der neue Geschäftsführer, Herr B, verfüge nicht über die ausreichende Qualifikation, und Herr A habe die geplante Anteilsübertragung verheimlicht. Zusätzlich führten die Verpächter weitere angebliche Pflichtverstöße der Pächter-GmbH an, wie den Widerruf einer 4-Sterne-Zertifizierung, das Nichtanbieten von Frühstück, unterlassene Wartungsarbeiten und Forderungen anderer Pächter des Gebäudekomplexes.
Die Pächter-GmbH widersprach der Kündigung. Sie bestritt, dass ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vorliege. Insbesondere hielt sie die Klausel in § 10 Ziffer 2 für unwirksam, da es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) handele. AGB sind vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen bei Abschluss eines Vertrages stellt. Die Pächter-GmbH argumentierte, die Klausel weiche von der gesetzlichen Regelung zur Untervermietung (§ 540 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) ab und schränke die personelle Entscheidungsfreiheit der GmbH unzulässig ein. Ein Wechsel von Gesellschaftern oder Geschäftsführern sei kein „Inhaberwechsel“ im Sinne der Klausel und stelle auch keine zustimmungspflichtige Gebrauchsüberlassung an Dritte dar. Die weiteren behaupteten Pflichtverstöße wurden ebenfalls bestritten.
Der Weg durch die Instanzen: Vom Landgericht zum Oberlandesgericht
Das Landgericht Wiesbaden gab der Klage der Verpächter in erster Instanz statt. Es verurteilte die Pächter-GmbH zur Räumung des Hotels. Das Landgericht sah die Kündigung als wirksam an. Es argumentierte, der komplette Wechsel des Gesellschafters falle unter die Regelung in § 10 Ziffer 2 des Vertrages, und eine erforderliche Einwilligung der Verpächter sei nicht eingeholt worden. Die Klausel selbst hielt das Landgericht für wirksam und meinte, sie halte einer Kontrolle als AGB stand, da sie eine übliche Geschäftsbedingung sei und die Pächter-GmbH nicht unangemessen benachteilige.
Gegen dieses Urteil legte die Pächter-GmbH Berufung beim Oberlandesgericht Frankfurt ein. Sie verfolgte ihre ursprünglichen Argumente weiter und vertiefte insbesondere die Ansicht, dass § 10 Ziffer 2 eine unwirksame AGB sei. Zur Begründung führte sie an, die Klausel benachteilige den Pächter unangemessen und weiche von wesentlichen gesetzlichen Grundgedanken ab, ohne dass die Verpächter ein schützenswertes Interesse an der Person des ursprünglichen Gesellschafters ausreichend dargelegt oder bewiesen hätten.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts: Klageabweisung und Aufhebung des Ersturteils
Das Oberlandesgericht Frankfurt änderte das Urteil des Landgerichts Wiesbaden ab und wies die Klage der Verpächter ab. Die Pächter-GmbH muss das Hotel also nicht räumen. Die Kosten des gesamten Rechtsstreits wurden den Verpächtern auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, was bedeutet, dass es zunächst umgesetzt werden kann, auch wenn theoretisch noch Rechtsmittel eingelegt werden könnten (was hier aber durch die Nichtzulassung der Revision erschwert ist). Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen.
Die detaillierte Begründung des OLG Frankfurt: Warum die Kündigung scheiterte
Das OLG Frankfurt begründete seine Entscheidung ausführlich. Im Kern sah das Gericht die außerordentliche Kündigung als unwirksam an, da kein ausreichender Kündigungsgrund vorlag.
Zunächst stellte das Gericht fest, dass die Klägerin zu 2) (eine der beiden Personen auf Verpächterseite) nicht aktivlegitimiert sei. Aktivlegitimation bedeutet, dass jemand berechtigt ist, einen bestimmten Anspruch gerichtlich geltend zu machen. Da die Klägerin zu 2) nicht Vertragspartei des Pachtvertrages war (nur der Kläger zu 1) war als Verpächter im Vertrag genannt), konnte sie auch keine Rechte aus diesem Vertrag, wie etwa ein Kündigungsrecht, für sich beanspruchen. Eine angebliche Miteigentümerstellung am Grundstück reichte hierfür nicht aus.
Entscheidend war jedoch die Prüfung der Kündigung durch den Kläger zu 1). Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass das Vertragsverhältnis nicht wirksam beendet wurde:
- Einordnung des Vertrages als Pachtvertrag: Obwohl der Vertrag als „Mietvertrag“ bezeichnet wurde, handelte es sich nach Auffassung des Gerichts rechtlich um einen Pachtvertrag gemäß § 581 Absatz 2 BGB. Der entscheidende Unterschied zwischen Miete und Pacht ist die sogenannte „Fruchtziehung“. Ein Pächter darf nicht nur die Sache gebrauchen, sondern auch die „Früchte“ daraus ziehen, also Erträge erwirtschaften. Da die überlassenen Räume (Hotelzimmer, Konferenzräume) der Pächter-GmbH dazu dienen sollten, durch Beherbergung und Serviceleistungen Einnahmen zu erzielen, lag eine Pacht vor. Dies wurde auch durch § 23 des Vertrags gestützt, der die Nutzer als „Pächter“ bezeichnete.
- Kein Kündigungsgrund wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung an Dritte (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB): Die Verpächter hatten argumentiert, der Gesellschafter- und Geschäftsführerwechsel sei wie eine unerlaubte Weitergabe des Hotels an einen Dritten zu werten. Dem folgte das OLG nicht. Der Austausch des Geschäftsführers oder der Gesellschafter einer GmbH führt nicht zu einem Wechsel des Vertragspartners. Vertragspartnerin blieb weiterhin die Pächter-GmbH als juristische Person. Es handelt sich um einen internen Vorgang in der Gesellschaft. Die Klausel in § 10 Ziffer 2 Satz 3, die einen „Inhaberwechsel“ einer Gebrauchsüberlassung gleichstellt, ändert daran nichts. Sie ist eine vertragliche Erweiterung, geht aber nicht so weit, eine interne Änderung zu einer unbefugten Überlassung an einen externen Dritten im Sinne des Gesetzes zu machen.
- Keine Kündigung aus wichtigem Grund wegen Verletzung der Anzeigepflicht (§ 543 Abs. 1 S. 2 BGB): Auch eine Kündigung, weil die Pächter-GmbH die Änderungen nicht vorab angezeigt und um Zustimmung gebeten hatte, scheiterte. Das Gericht verneinte bereits eine Pflichtverletzung, da die Pächter-GmbH nicht verpflichtet gewesen sei, vor dem Wechsel des Geschäftsführers oder der Gesellschafter um eine Einwilligung der Verpächter zu ersuchen. Dies lag an der Unwirksamkeit der entsprechenden Vertragsklausel.
Die Unwirksamkeit der „Change-of-Control“-Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung
Den entscheidenden Punkt sah das OLG in der Unwirksamkeit der Klausel in § 10 Ziffer 2 Satz 3 des Vertrages als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB).
- AGB-Status der Klausel: Das Gericht stufte die Klausel als AGB gemäß § 305 BGB ein. Dafür sprach bereits der äußere Anschein eines gedruckten Formularvertrages, der hier vom Haus- und Grundstücksverein stammte. Die Verpächter hatten nicht ausreichend dargelegt, dass diese Klausel im Detail individuell ausgehandelt worden sei, also dass die Pächter-GmbH eine echte Möglichkeit hatte, den Inhalt der Klausel zu beeinflussen. Ein späteres Vorbringen der Verpächter hierzu im Berufungsverfahren wurde als verspätet und unzureichend bewertet. Bei Verwendung von Musterverträgen, die von Dritten (wie Verbänden) erstellt wurden, genügt für die Annahme von AGB bereits die Absicht zur einmaligen Verwendung durch den Vertragspartner, der den Vordruck einbringt – hier die Verpächter.
- Unangemessene Benachteiligung (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB): Die Klausel wurde als unwirksam erachtet, weil sie die Pächter-GmbH entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Solche Klauseln, die das Recht des Vermieters/Verpächters zur Zustimmung bei Änderungen auf Mieter-/Pächterseite über die gesetzlichen Regelungen (wie § 540 BGB zur Untervermietung) hinaus erweitern, sind im Miet- und Pachtrecht in der Regel unwirksam.
Eine Ausnahme kann nur dann gelten, wenn der Verpächter einen wichtigen Grund hat, insbesondere ein besonderes, schützenswertes Interesse an der Person des ursprünglichen Mieters oder Pächters (bzw. dessen Gesellschafters). Ein solches Interesse wurde von den Verpächtern hier aber nicht ausreichend dargelegt oder bewiesen. Das Gericht betonte, dass jemand, der mit einer juristischen Person (wie einer GmbH) einen Vertrag schließt, grundsätzlich damit rechnen muss, dass es innerhalb dieser Gesellschaft zu personellen Veränderungen kommen kann. Die Klausel greife zudem unzulässig in die elementare Entscheidungsfreiheit der Gesellschaft über ihre interne Struktur ein. Die Einschätzung des Landgerichts, die Klausel sei eine „übliche Geschäftsbedingung“, teilte das OLG nicht; vielmehr erfordere eine solche Klausel eine besondere Rechtfertigung durch ein wichtiges Interesse des Verpächters, das hier fehlte.
Da der Hauptkündigungsgrund – der Verstoß gegen die „Change-of-Control“-Klausel durch den Gesellschafter- und Geschäftsführerwechsel ohne Zustimmung – rechtlich nicht tragfähig war, weil die Klausel selbst unwirksam ist, ging die außerordentliche Kündigung ins Leere. Die weiteren von den Verpächtern angeführten Pflichtverstöße (Verlust der Sterne-Zertifizierung, fehlendes Frühstück etc.) wurden vom Gericht nicht als eigenständige, die Kündigung tragende Gründe im Detail erörtert, da der Schwerpunkt der Argumentation auf der unwirksamen Vertragsklausel lag.
Im Ergebnis wurde die Klage der Verpächter auf Räumung und Herausgabe des Hotels abgewiesen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass eine Klausel in einem Hotelpachtvertrag, die dem Verpächter bei einem Gesellschafterwechsel der pachtenden GmbH ein Kündigungsrecht einräumt, als AGB unwirksam ist. Wer mit einer juristischen Person (GmbH) einen Vertrag schließt, muss grundsätzlich mit personellen Veränderungen rechnen – ein Gesellschafterwechsel ist kein Vertragspartnerwechsel und berechtigt nicht zur außerordentlichen Kündigung. Die Entscheidung stärkt die unternehmerische Handlungsfreiheit von Pächter-GmbHs, da Verpächter nur bei nachweislich besonderem Interesse an der Person des ursprünglichen Gesellschafters solche „Change-of-Control“-Klauseln wirksam vereinbaren können.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet eine Change-of-Control-Klausel in Miet- oder Pachtverträgen?
Eine Change-of-Control-Klausel (manchmal auch Kontrollwechsel-Klausel genannt) ist eine besondere Vereinbarung, die oft in Gewerbemiet- oder Pachtverträgen zu finden ist. Sie regelt, was passieren soll, wenn sich die Kontrollverhältnisse bei einem der Vertragspartner ändern, meistens beim Mieter oder Pächter.
Was bedeutet Kontrollwechsel in diesem Zusammenhang?
Stellen Sie sich vor, der Mieter ist eine Gesellschaft (z.B. eine GmbH oder AG). Ein Kontrollwechsel liegt vor, wenn ein neuer Eigentümer die Mehrheit der Anteile an dieser Gesellschaft erwirbt und dadurch die entscheidende Kontrolle über das Unternehmen des Mieters erhält. Es geht also darum, wer künftig „das Sagen hat“ bei dem Unternehmen, das Mieter oder Pächter ist.
Welche Folgen hat eine solche Klausel?
Durch eine Change-of-Control-Klausel erhält der Vermieter oder Verpächter bestimmte Rechte, wenn ein solcher Kontrollwechsel beim Mieter oder Pächter eintritt. Das häufigste und wichtigste Recht, das in solchen Klauseln vereinbart wird, ist ein besonderes Kündigungsrecht. Das bedeutet, der Vermieter kann den Vertrag unter bestimmten Bedingungen kündigen, obwohl der Miet- oder Pachtvertrag eigentlich noch länger laufen würde. Die Klausel kann aber auch andere Folgen vorsehen, zum Beispiel dass der Vermieter bestimmte Sicherheiten verlangen kann.
Warum gibt es diese Klauseln?
Der Hauptzweck einer Change-of-Control-Klausel ist der Schutz der Interessen des Vermieters oder Verpächters. Der Vermieter hat den Vertrag ursprünglich mit dem Mieter oder Pächter in einer bestimmten Konstellation geschlossen. Er hat sich auf dessen finanzielle Situation, seine Geschäftstätigkeit und seine Zuverlässigkeit verlassen. Wenn nun ein neuer Eigentümer oder eine neue Gruppe die Kontrolle über den Mieter übernimmt, kann sich all dies ändern. Der Vermieter möchte das Risiko minimieren, dass durch einen Kontrollwechsel ein weniger zuverlässiger, finanzschwacher oder in der Branche unbekannter Partner seinen Platz einnimmt. Die Klausel gibt ihm die Möglichkeit, auf solche grundlegenden Veränderungen reagieren zu können.
Sie dient also dazu, sicherzustellen, dass der Vermieter weiterhin einen Vertragspartner hat, dem er vertraut und der seinen Verpflichtungen nachkommen kann.
Unter welchen Umständen kann eine Change-of-Control-Klausel in einem Miet- oder Pachtvertrag unwirksam sein?
Eine „Change-of-Control“-Klausel in einem Miet- oder Pachtvertrag besagt vereinfacht gesagt, dass der Vertrag unter bestimmten Bedingungen beendet werden kann, wenn sich die Kontrollverhältnisse auf Mieter- oder Vermieterseite ändern. Stellen Sie sich vor, Ihr Vermieter oder Pächter wird von einer anderen Firma übernommen, oder die Eigentümerstruktur ändert sich wesentlich. Eine solche Klausel soll einer Partei das Recht geben, den Vertrag in dieser Situation zu beenden.
Solche Klauseln sind nicht grundsätzlich verboten, aber ihre Wirksamkeit wird von Gerichten oft sehr genau geprüft, insbesondere wenn sie als Teil von vorformulierten Verträgen verwendet werden (also Allgemeinen Geschäftsbedingungen – AGB). Die Gerichte möchten sicherstellen, dass der Mieter oder Pächter durch solche Klauseln nicht unangemessen benachteiligt wird.
Eine Change-of-Control-Klausel kann unter verschiedenen Umständen unwirksam sein:
- Unangemessene Benachteiligung: Dies ist der häufigste Grund. Eine Klausel ist unwirksam, wenn sie den Mieter oder Pächter unfair behandelt. Das passiert zum Beispiel, wenn die Klausel es dem Vermieter oder Verpächter ermöglicht, den Vertrag ohne triftigen Grund allein aufgrund der Kontrolländerung zu beenden, und dabei die berechtigten Interessen des Mieters oder Pächters (z.B. am Fortbestand des Geschäftsbetriebs) nicht ausreichend berücksichtigt. Eine Klausel, die faktisch ein beliebiges Kündigungsrecht bei Eigentümerwechsel schafft, obwohl das Gesetz den Schutz des Mieters vorsieht („Kauf bricht nicht Miete„), kann als unangemessen benachteiligend gelten.
- Intransparenz: Die Klausel muss klar und verständlich formuliert sein. Für einen juristischen Laien muss erkennbar sein, unter welchen genauen Bedingungen eine Kontrolländerung vorliegt, die zur Beendigung des Vertrags führen kann, und welche Konsequenzen das hat. Wenn die Formulierungen zu vage, mehrdeutig oder schwer nachvollziehbar sind, kann die Klausel unwirksam sein.
- Überraschende Klausel: Eine Klausel kann auch unwirksam sein, wenn sie so ungewöhnlich ist, dass der Mieter oder Pächter mit ihr nicht rechnen musste. Das kann der Fall sein, wenn die Klausel an einer ungewöhnlichen Stelle im Vertrag steht oder einen so weitreichenden und unerwarteten Nachteil (wie eine plötzliche Kündigungsmöglichkeit für die Gegenseite) mit sich bringt, dass sie den Leser überrascht.
- Verstoß gegen Treu und Glauben: Auch wenn eine Klausel formal klar formuliert ist, kann sie unwirksam sein, wenn ihre Anwendung im konkreten Fall gegen das allgemeine Fairnessgebot verstößt. Dies ist eine Art Auffangtatbestand, der zum Tragen kommt, wenn die Klausel aus anderen Gründen nicht zu beanstanden wäre, aber die Art und Weise ihrer Nutzung oder ihr Inhalt insgesamt als unfair empfunden wird.
Die Rechtsprechung, also die Entscheidungen der Gerichte, hat in den letzten Jahren gezeigt, dass Change-of-Control-Klauseln, die zu einer unvorhersehbaren oder willkürlichen Kündigung des Miet- oder Pachtvertrags führen können, besonders kritisch betrachtet werden. Die Gerichte wägen die Interessen beider Vertragsparteien sorgfältig ab.
Für Sie als Mieter oder Pächter bedeutet das, dass eine solche Klausel im Vertrag nicht automatisch gültig ist und im Einzelfall gerichtlich auf ihre Wirksamkeit überprüft werden kann, insbesondere anhand der Regeln für Allgemeine Geschäftsbedingungen.
Welche Rolle spielt die „Person des Mieters/Pächters“ bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer Change-of-Control-Klausel?
Bei der Frage, ob eine Change-of-Control-Klausel in einem Miet- oder Pachtvertrag wirksam ist, kann es tatsächlich darauf ankommen, wie wichtig die Person des Mieters oder Pächters für den Vermieter oder Verpächter ist.
Stellen Sie sich vor, der Vermieter hat das Objekt nicht an irgendein Unternehmen vermietet, sondern gezielt an einen Mieter mit ganz bestimmten, besonderen Fähigkeiten, einer speziellen Reputation oder einem einzigartigen Geschäftskonzept. Beispielsweise könnte es sich um ein Restaurant mit einem berühmten Koch handeln, ein hochspezialisiertes Forschungslabor oder ein Geschäft mit einer lange etablierten Tradition und Kundenbindung, die eng mit der Person des Inhabers verbunden ist.
In solchen Fällen, wo die Identität und die Eigenschaften des Mieters oder Pächters für den Vermieter von entscheidender Bedeutung waren, weil sie direkt mit dem Wert, der Nutzung oder dem Ruf der Immobilie zusammenhängen, hat der Vermieter ein berechtigtes Interesse daran zu wissen und bis zu einem gewissen Grad zu beeinflussen, wer zukünftig sein Vertragspartner ist. Ein solches berechtigtes Interesse kann dazu führen, dass eine Change-of-Control-Klausel, die dem Vermieter ein Kündigungsrecht gibt, wenn die Kontrolle über das Mieter- oder Pächter-Unternehmen wechselt, eher als wirksam angesehen wird.
Ist die Person des Mieters oder Pächters jedoch nicht von so zentraler Bedeutung – zum Beispiel bei der Vermietung einer Standard-Bürofläche an eine größere Gesellschaft, deren spezifische Inhaber dem Vermieter eher gleichgültig sind, solange die Miete gezahlt wird – dann kann ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Kontrolle über die Person des Mieters fehlen. Eine Change-of-Control-Klausel könnte in einem solchen Fall als unangemessen angesehen werden, weil sie dem Mieter ohne ausreichenden Grund die Möglichkeit nimmt, sein Unternehmen zu verkaufen oder umzustrukturieren.
Es kommt also immer auf die Umstände des Einzelfalls, die Art des Miet- oder Pachtverhältnisses und das konkrete, nachweisbare Interesse des Vermieters an der Person des Mieters an, wenn die Wirksamkeit einer solchen Klausel beurteilt wird. Gerichte prüfen solche Klauseln, um sicherzustellen, dass sie keine Partei unangemessen benachteiligen und einem berechtigten Interesse dienen.
Was sind die rechtlichen Konsequenzen eines ungenehmigten Gesellschafterwechsels in einer Pächter-GmbH?
Viele Pachtverträge, insbesondere bei Gewerbeimmobilien, enthalten eine sogenannte Change-of-Control-Klausel. Diese Klausel soll dem Verpächter ein Mitspracherecht oder sogar ein Vetorecht einräumen, wenn sich die Eigentumsverhältnisse (die Gesellschafterstruktur) bei der pachtenden GmbH wesentlich ändern. Der Verpächter möchte in der Regel wissen und beeinflussen können, wer hinter der Betreibergesellschaft steht, da dies Auswirkungen auf die Geschäftsführung, die Bonität und die Art der Nutzung haben kann.
Wenn eine solche Klausel im Pachtvertrag steht und es zu einem Gesellschafterwechsel bei der Pächter-GmbH kommt, ohne dass die im Vertrag vereinbarten Bedingungen (z. B. Einholung der Zustimmung des Verpächters) eingehalten wurden, liegt ein Verstoß gegen den Pachtvertrag vor.
Die häufigste und gravierendste rechtliche Konsequenz eines solchen ungenehmigten Gesellschafterwechsels ist, dass der Verpächter unter bestimmten Umständen das Recht hat, den Pachtvertrag zu kündigen. Stellen Sie sich vor, der Vertrag ist wie ein Regelwerk. Wenn eine wichtige Regel, wie die Zustimmungspflicht bei Inhaberwechseln, gebrochen wird, gibt das dem Verpächter oft die Möglichkeit, den Vertrag vorzeitig zu beenden.
Allerdings ist ein solches Kündigungsrecht nicht in jedem Fall uneingeschränkt. Auch wenn der Vertrag die Kündigung vorsieht, kann es sein, dass die Kündigung rechtlich unwirksam ist. Dies kann der Fall sein, wenn die Kündigung nach den Umständen des Einzelfalls als unverhältnismäßig angesehen wird. Das bedeutet, dass die Folgen der Kündigung für die Pächter-GmbH (z. B. die Zerstörung der Geschäftsexistenz) in keinem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Vertragsverstoßes (dem nicht genehmigten Gesellschafterwechsel) stehen. Gerichte prüfen in solchen Fällen genau, ob die Kündigung fair und angemessen ist. Es spielen dann oft weitere Faktoren eine Rolle, wie z. B. ob der neue Gesellschafter vertrauenswürdig ist, ob die Pachtzahlungen immer pünktlich erfolgten oder ob der Verstoß nur eine Formalie war, die den Verpächter tatsächlich nicht beeinträchtigt hat.
Was das konkret bedeutet:
Für die Pächter-GmbH und ihre Gesellschafter bedeutet ein ungenehmigter Wechsel, dass die Grundlage ihres Geschäftsbetriebs – der Pachtvertrag – ernsthaft gefährdet sein kann. Es besteht das Risiko, dass der Verpächter das Kündigungsrecht geltend macht. Ob die Kündigung im Streitfall Bestand hat, hängt aber stark von der genauen Formulierung der Change-of-Control-Klausel, den spezifischen Umständen des Gesellschafterwechsels und einer gerichtlichen Bewertung der Verhältnismäßigkeit ab.
Welche anderen Gründe neben einem Gesellschafterwechsel können zu einer außerordentlichen Kündigung eines Miet- oder Pachtvertrags führen?
Neben speziellen Vereinbarungen im Vertrag, wie einer Klausel zum Gesellschafterwechsel, kann ein Miet- oder Pachtvertrag in Deutschland auch aus anderen wichtigen Gründen außerordentlich, also fristlos, gekündigt werden. Eine solche Kündigung ist eine Ausnahme und nur möglich, wenn ein Grund vorliegt, der so schwerwiegend ist, dass man nicht erwarten kann, das Vertragsverhältnis bis zum Ende der normalen Kündigungsfrist oder des Vertragsendes fortzusetzen.
Was gilt als wichtiger Grund?
Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung liegt dann vor, wenn einer Partei (Mieter/Pächter oder Vermieter/Verpächter) unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Miet- oder Pachtverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Es geht also um eine schwere Vertragsverletzung oder einen anderen gravierenden Umstand. Oft muss der Kündigung eine Abmahnung vorausgehen, um der anderen Partei die Chance zu geben, das vertragswidrige Verhalten zu ändern.
Beispiele für wichtige Gründe (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
Es gibt viele verschiedene Situationen, die einen solchen wichtigen Grund darstellen können. Hier sind einige häufige Beispiele, die in der Praxis vorkommen:
- Erheblicher Zahlungsverzug: Wenn der Mieter oder Pächter wiederholt oder in erheblichem Umfang die Miete oder Pacht nicht zahlt, kann dies einen wichtigen Grund darstellen. Stellen Sie sich vor, ein Geschäft mietet Räume, zahlt aber über Monate keine Miete mehr – das gefährdet die Existenz des Vermieters und macht eine Fortsetzung unzumutbar.
- Erhebliche Mängel an der Mietsache: Wenn die gemietete oder gepachtete Sache so schwerwiegende Mängel aufweist, dass sie für den vertraglich vorgesehenen Zweck nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt nutzbar ist und der Vermieter/Verpächter die Mängel trotz Information und angemessener Frist nicht behebt. Denken Sie an ein Restaurant, dessen Küche wegen eines unreparierten Wasserschadens nicht mehr genutzt werden kann, oder eine Wohnung mit massivem, gesundheitsgefährdendem Schimmelbefall.
- Erhebliche Störung des Hausfriedens: Wenn eine Partei durch ihr Verhalten den Hausfrieden schwerwiegend und nachhaltig stört, kann dies einen wichtigen Grund darstellen. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Mieter die Nachbarn ständig belästigt oder bedroht.
- Gefährdung der Mietsache: Wenn der Mieter oder Pächter die Sache durch unsachgemäßen Gebrauch erheblich gefährdet oder beschädigt.
- Unerlaubte Untervermietung oder Nutzungsänderung: Wenn die Mietsache oder das Pachtobjekt unerlaubt an Dritte weitergegeben oder entgegen der Vereinbarung für völlig andere Zwecke genutzt wird, kann dies, insbesondere nach erfolgloser Abmahnung, ein Kündigungsgrund sein.
Die Anforderungen an einen solchen wichtigen Grund sind hoch. Nicht jede kleine Vertragsverletzung reicht aus. Es muss sich um eine gravierende Pflichtverletzung oder einen Ausnahmezustand handeln, der die Fortsetzung des Vertrags für eine Partei unerträglich macht. Bei der Entscheidung, ob ein wichtiger Grund vorliegt, werden immer die Besonderheiten des Einzelfalls und die Interessen beider Seiten genau geprüft und abgewogen.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Change-of-Control-Klausel
Eine Change-of-Control-Klausel ist eine vertragliche Regelung, die es einer Partei erlaubt, bei einem Wechsel der Kontrollverhältnisse im Vertragspartner – etwa wenn sich die Mehrheit der Gesellschafter ändert – besondere Rechte auszuüben, meist ein Kündigungsrecht. In Miet- oder Pachtverträgen dient sie dazu, dem Vermieter oder Verpächter Einfluss darauf zu geben, wer künftig den Vertragspartner kontrolliert. Diese Klausel schützt damit das Vertrauen des Vermieters in den ursprünglichen Vertragspartner, insbesondere dessen Qualifikation und Zuverlässigkeit. Die Wirksamkeit solcher Klauseln unterliegt in Deutschland einer gerichtlichen Kontrolle, da sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen können, wenn kein berechtigtes Interesse vorliegt.
Beispiel: Ein Hotel verpachtet seine Räumlichkeiten an eine GmbH, die sich im Eigentum von Person A befindet. Wenn A seine Anteile an Person B verkauft, greift die Change-of-Control-Klausel und der Verpächter kann eventuell kündigen oder zustimmen müssen.
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Partei (meist die stärkere, z. B. Vermieter oder Verpächter) der anderen Partei bei Vertragsschluss stellt, ohne dass diese die Möglichkeit hat, individuell über den Inhalt zu verhandeln. Im BGB (§ 305 ff.) sind Regeln enthalten, die die Wirksamkeit von AGB überprüfen und insbesondere den Schutz der schwächeren Partei sicherstellen. Klauseln in AGB dürfen den Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligen oder überraschend sein. Im vorliegenden Fall wurde die Change-of-Control-Klausel als AGB eingestuft und deshalb auf ihre Wirksamkeit geprüft.
Beispiel: Ein Vermieter verwendet bei jedem Pachtvertrag denselben vorformulierten Vertrag mit einer standardisierten Kündigungsklausel. Dann handelt es sich um AGB.
Aktivlegitimation
Aktivlegitimation bedeutet die rechtliche Befugnis, einen Anspruch vor Gericht geltend zu machen. Nur wer selbst Partei eines Vertrags ist oder durch den Vertrag ein Recht erworben hat, kann daraus Rechte – etwa auf Kündigung oder Schadensersatz – einklagen. Im Fall war eine der Verpächterinnen nicht Vertragspartei des Pachtvertrags und konnte daher keine Rechte daraus geltend machen. Ohne Aktivlegitimation wäre eine Klage nicht zulässig oder erfolglos.
Beispiel: Nur der Mieter eines Vertrags kann gegen den Vermieter klagen, nicht eine außenstehende Person.
Pachtvertrag (§ 581 BGB)
Ein Pachtvertrag ist ein langfristiger Vertrag, durch den der Verpächter dem Pächter eine Sache zur Nutzung überlässt, und der Pächter im Gegenzug berechtigt ist, die „Früchte“ aus der Sache zu ziehen (§ 581 BGB). Der Unterschied zur Miete ist also, dass der Pächter aus der Sache wirtschaftlichen Nutzen ziehen darf, etwa Gewinne durch den Betrieb eines Hotels. Im entschiedenen Fall bewertete das Gericht den Vertrag trotz der Bezeichnung als Mietvertrag rechtlich als Pachtvertrag, weil das Hotel gewerblich genutzt wurde und Erträge erzielte.
Beispiel: Ein Landwirt verpachtet sein Feld, damit der Pächter nicht nur das Feld nutzt, sondern auch die angebauten Pflanzen erntet und verkauft.
Wichtiger Grund für außerordentliche Kündigung (§ 543 BGB)
Ein wichtiger Grund erlaubt es einer Vertragspartei, einen Miet- oder Pachtvertrag ohne Einhaltung der üblichen Kündigungsfristen sofort zu beenden, wenn Tatsachen vorliegen, die eine Fortsetzung des Vertrags unzumutbar machen. Die Rechtsprechung fordert dabei eine Schwere der Pflichtverletzung und eine Interessenabwägung beider Seiten. Im Falle eines Gesellschafterwechsels wäre eine außerordentliche Kündigung nur dann gerechtfertigt, wenn dieser Wechsel eine gravierende Beeinträchtigung darstellt – was hier verneint wurde.
Beispiel: Wird eine gemietete Wohnung durch den Mieter schwer beschädigt oder die Miete dauerhaft nicht bezahlt, kann der Vermieter außerordentlich kündigen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 305 BGB – Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB): Regelt, wann Vertragsklauseln als vorformulierte Vertragsbedingungen gelten und wie sie in Verträgen verwendet werden dürfen. Wichtig ist, ob Klauseln individuell ausgehandelt oder vorformuliert sind, da AGB einer besonderen Inhaltskontrolle unterliegen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die umstrittene Klausel zu Gesellschafterwechseln wurde als AGB eingestuft, weil sie Teil eines Formularvertrags war und nicht individuell ausgehandelt wurde, wodurch sie einer strengen rechtlichen Prüfung unterliegt.
- § 307 BGB – Inhaltskontrolle von AGB und unangemessene Benachteiligung: Verbietet Klauseln in AGB, die den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine Klausel ist unwirksam, wenn sie die Vertragspartner unangemessen einschränkt oder von wesentlichen gesetzlichen Regelungen abweicht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Change-of-Control-Klausel wurde als unangemessene Benachteiligung der Pächter-GmbH gewertet, weil sie unzulässig in die interne Struktur der Gesellschaft eingreift und keinen ausreichenden wichtigen Grund für diese Einschränkung bietet.
- § 540 Abs. 1 Satz 1 BGB – Erlaubnis zur Untervermietung: Regelt, dass der Mieter die Erlaubnis des Vermieters zur Untervermietung oder Gebrauchsüberlassung an Dritte benötigt. Diese Vorschrift schützt den Vermieter davor, dass der Vertragspartner seine Rechte ohne Zustimmung weitergibt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht entschied, dass ein Gesellschafterwechsel keine Untervermietung oder Gebrauchsüberlassung an Dritte darstellt, da die Pächter-GmbH als juristische Person weiterhin Vertragspartner bleibt.
- § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB – Außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund: Ermöglicht eine fristlose Kündigung, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar macht. Die Voraussetzung ist eine Pflichtverletzung oder ein wesentlicher Sachverhalt, der die sofortige Beendigung rechtfertigt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht erkannte keinen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung, insbesondere weil kein wirksamer Verstoß gegen eine Zustimmungspflicht oder sonstige Pflichtverletzungen glaubhaft gemacht wurden.
- § 581 Abs. 2 BGB – Definition des Pachtvertrags: Unterscheidet den Pachtvertrag vom Mietvertrag darin, dass der Pächter die Sache nicht nur nutzt, sondern auch die Erträge daraus zieht (Fruchtziehung). | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht qualifizierte den Vertrag als Pachtvertrag, da die Pächter-GmbH mit dem Hotelbetrieb Erträge erwirtschaftet, was Auswirkungen auf die rechtliche Bewertung der Kündigung und der vertraglichen Pflichten hatte.
- Grundsatz der Vertragspartnerbindung bei juristischen Personen: Ein Wechsel der Gesellschafter oder Geschäftsführer einer GmbH ändert nicht den Vertragspartner; die GmbH bleibt verantwortlich und Vertragspartner. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der interne Gesellschafterwechsel führte nicht zu einem sog. Inhaber- oder Vertragspartnerwechsel im Sinne der Klausel, weshalb die Kündigung auf dieser Grundlage nicht gerechtfertigt war.
Das vorliegende Urteil
OLG Frankfurt – Az.: 2 U 35/24 – Urteil vom 21.02.2025
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